Köln- Das klingt nicht gut, was das Hagener Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) nach einer Akteneinsicht im Tiergarten Nürnberg aufgedeckt hat und dürfte so manchem Tierfreund auf den Magen schlagen. Delfine sollen regelmäßig Psychopharmaka erhalten haben. Die Begründung des Zoos für die Medikamentengabe lautet in den Akten:“ Nervosität, Unruhe, schlechtes Fressverhalten.“ Erfolgt diese Handhabe nur bei Delfinen oder auch bei anderen Zoo Tieren?
Aufgrund einer Anfrage der Fraktion „Die Linke“ äußerte sich die Bundesregierung in einer Antwort vom 19.01.2015 zur Psychopharmakagabe an Zootiere:
„Ein dauerhafter und routinemäßiger Einsatz von „Psychopharmaka“ – etwa Beruhigungsmittel – zur Kompensation ungeeigneter Haltungsbedingungen verstößt nach Auffassung der Bundesregierung gegen die Vorgaben des Tierschutzgesetzes. Das Tier ist seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen“.
Das Hagener Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) hatte nach einer Akteneinsicht im Tiergarten Nürnberg aufgedeckt, dass Delfine regelmäßig Psychopharmaka erhalten. Die Begründung des Zoos für die Medikamentengabe lautet in den Akten:“ Nervosität, Unruhe, schlechtes Fressverhalten.“
Der Zoo Duisburg verweigerte der Tierschutzorganisation eine Akteneinsicht
Erst aufgrund einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bekam das WDSF im Oktober 2014 recht. Dem Gericht reichte allerdings die auszugsweise Veröffentlichung der tiermedizinischen Berichte auf der Homepage des Duisburger Zoos. Das WDSF legte daraufhin Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster ein, weil es die Akten vollständig und direkt einsehen will.
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller:
„Der Tiergarten Nürnberg stellt nicht nur die Delfine mit Psychopharmaka ruhig sondern auch andere Tiere wie zum Beispiel Gorillas, wie wir jetzt bei einer erneuten Akteneinsicht feststellen konnten. Immer noch werden Delfine mit dem Medikament Diazepam, sprich Valium, behandelt, so erst kürzlich nach der Geburt eines Delfinbabys bei der Delfinmutter Sunny im November. In den vergangenen Jahren wurden einem einzigen Delfin innerhalb von sieben Monaten rund 4.100 mg verabreicht. Insgesamt konnten wir innerhalb von 4 1/2 Jahren für die Delfine etwa 10.600 mg des Psychopharmaka Diazepam nachweisen zuzüglich weiterer Beruhigungsmittel wie Serenin.“
Diazepam kann laut Herstellerangaben bereits nach einer mehrwöchigen Verabreichung ein Suchtpotential auslösen. Nach Angaben des WDSF sind die städtischen Aufsichtsbehörden bisher nicht gegen die Medikamentengabe eingeschritten. Vom Nürnberger Tiergartendirektor Encke war zu vernehmen, dass Diazepam nur als Appetitanreger eingesetzt würde.
Mit der Antwort der Bundesregierung im Rücken will das WDSF nun aufgrund der Untätigkeit der Behörden Fachaufsichtsbeschwerde einlegen und Strafanzeige stellen.
Ortmüller WDSF:
„Vor den Toren der Zoos klebt ein Siegel des Schweigens. Tierquälerei hat in Zoos nichts zu suchen. Wir haben vom Verwaltungsgericht als Tierschutzorganisation die Legitimation erhalten, dass wir zeitlich uneingeschränkt tiermedizinische Berichte anfordern können. Die Zoos und Tiergärten müssen sich also warm anziehen, denn Nürnberg und Duisburg sind offenbar nur die Spitze des Eisbergs. Wenn manche Tierarten nur mit Medikamenten gehalten werden können, muss ein vollständiges Umdenken stattfinden.“
(Quelle WDSF/Ots)
WDSF-Analyse Tiergarten Nürnberg:
WDSF-Analyse Zoo Duisburg:http://ots.de/zSEor