STEVIE WONDER IN DER KÖLNARENA (Lanxess-Arena)

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„Das Wonder Wunder“, so kündigt der Kölner Stadtanzeiger , (Ausgabe: 23. 9.2008), auf seiner Titelseite eine „ausführliche Kritik für die Mittwochausgabe an….. Wenn ich also jetzt meine Konzerteindrücke schildere, passiert das total unabhängig und unbeeinflusst von der noch kommenden, offiziellen Konzertkritik des Stadtanzeigers.

Ich war sehr skeptisch im Hinblick auf die Anzahl der Besucher. Obwohl Stevie“™s letzte CD von 2005 hervorragende Kritiken bekam, ( auch ich finde sie wirklich gut), hat das seine sinkende Populariät im CD Geschäft nicht verbessert. Ich fragte mich: WER geht heute wohl zu einem Stevie Wonder- Konzert????
Man könnte vielleicht so sagen: seine Zeit ist vorbei! ?? Aber natürlich ist „seine Zeit“ ebenso wenig “ vorbei“, wie Sinatras oder Elvis“™ Zeiten „vorbei sind“. Wir sprechen hier von Jahrundert-Ikonen. Und dass er eine mit allen musikalisch-künstlerischen Attributen ausgestattete, hoch oben thronende Ikone am Pop-Himmel aller Gezeiten ist, hat Stevie Wonder gestern im Kölner Konzert Tausenden restlos Begeisterten bewiesen.
Die Halle war mit ca. 7500 Menschen gut bis an den Deckenrand, inklusive der verglasten Vip-Logen angefüllt. Ich schätze 80% der Besucher waren wesentlich jünger als ich, im Durchschnitt aber so zwischen 25 „“50 Jahren.

Stevie Wonder und die Musiker, nebst einigen Tänzerinnen ( die sich leider als etwas überflüssig erwiesen, weil sie so lahm waren..) erscheinen eine halbe Stunde später, als geplant. (20:30) auf der Bühne. Natürlich begleitet von enormen Begeisterungsstürmen. Die Vorstellung geht dann los und endete erst ( ohne Pause) um ca. 22:45 . Was dazwischen an musikalischer Performance geboten wurde, war eine überschäumende „Detonation“ verschiedenster Musikstile.

In der ersten Hälfte spielt Wonder weniger die ganz großen Hits. Vielleicht liefert er sogar während der ersten Konzertstunde die musikalisch erstaunlicheren, inspirierteren Stücke ab. Zwei sehr lange Titel sind mir besonders in Erinnerung geblieben, weil sie bei mir „Gänsehaut“ erzeugten.

Für über ca. 15 Minuten nimmt sich Wonder das berühmte Concierto de Aranjuez ( komponiert 1939 von Joaquín Rodrigo) vor. Ohne Gesang bleibt das Stück ( wie auch im Original) ganz instrumental. Doch von einer beschaulich-südlichen oder romantischen Atmosphäre kann hier nicht mehr die Rede sein:

Stevie entführt uns mit wilden, verschwenderischen Pianoläufen exkursionsartig in strengste Jazzgefilde….Man hätte denken können: Da sitzt nicht Stevie, sondern McCoy Tyner oder ein anderer Jazzveteran des Pianos…..So habe ich Stevie Wonder noch auf keiner CD spielen gehört! Dazu kommen später volle Bläsersätze, furiose Gitarren „“und Schlagzeugsoli !

Sehr spannend-effektvoll und gleichermaßen passend, kombiniert Stevie Wonder dann die Chick Corea Komposition „Spain- I can recall “ mit „Concierto de Aranjuez“. Der Titel steigert sich, ufert aus zur wahren Klangexplosion. Ein starker, schillernder und für den Soulmusiker Wonder ungewöhnlicher Beitrag zum Jazz-Rock! Es beweist: Wonder ist in seiner musikalischen Vielseitigkeit universell.

Aus einem anderen Stück macht er eine fast ebenso lange Ode, diesmal an seine Mutter, die „die erste Liebe seines Lebens war“. Sie starb vor zwei Jahren, und bescherte Stevie „my most sadest day….

Ich erinnere mich leider nicht genau an den Titel, aber es könnte “ Vision“, von seinem Album „Innervision“, (1973) gewesen sein. Auch hier bedient sich Stevie verschiedenster, musikalischer Stile.

Der am meisten beeindruckende Höhepunkt war sicher, wie Stevie Wonder diese Ballade zum Lied ohne Worte macht…..Mit phantasievollen, ganz und gar improvisierten Vokalisen variiert er Noten mit größter Intensität rauf und runter. Zuweilen gerät sein Gesang bis in religiös-orientalische Klangwelten; man azzoziiert Muezzingesänge. Das ging stark unter die Haut, und berührte mich tief.

Den höchsten Lautstärkepegel allerdings erreichten Stevie und seine Musiker mit einem Titel, in dem sich E-Gitarren wimmernd, jaulend und auch krachend über lange Minuten exzessartig entladen…. das klang stark nach Pink Floyd. Wie auch immer: Es verfehlte nicht die Wirkung und war gekonnt: man musste begeistert sein!

7500 MENSCHEN TANZTEN
Im zweiten Teil brachte Stevie dann seine „Wonderhits“ , einer nach dem andern. Endlich DAS, worauf Alle warteten! Jetzt konnte man seine Stimme mit früheren Aufnahmen besser vergleichen. Etwas tiefer gestuft ist seine Stimme natürlich schon, aber immer noch ungemein kraftvoll, besonders in den Höhen. Auch wunderbare Mundharmonika-Soli“™s zeigen ihn wieder als den allergrößten Meister auf diesem Instrument.

Musikalisch gesehen entwickelt sich das Konzert nun zur gigantischen Party, aber auf höchstem „Soul-Niveau“. So nach und nach STAND DIE GANZE HALLE ….. und TANZTE! UND DAS FÜR CA. 50 MINUTEN !!! So etwas habe ich noch nicht erlebt!!!! Ich saß relativ hinten und erhöht, so konnte ich gut die ganze Halle beobachten. Die Scheinwerferpegel überflogen immer wieder die Arena und ich sah wie die riesige Menschenmasse, dicht gedrängt hin und her wogte und teilweise mitsang. Es war ein langes, höchst intensives und „gemeinsames“ Erleben von fantastischer Musik.

Selbst die “ harmloseren“ seiner Lieder (z. B. Part-Time Lover), zeichnen sich aus durch Wonder“™s total eigenständige Handschrift. Eine Stevie-Wonder-Melodie wird man immer aus Tausenden von Liedern heraushören. Er verwendet ureigenste Harmonien, die man so bei keinem anderen Komponisten findet, und die ihn immer unterscheiden. Er ist nicht nur als Sänger und Musiker ein Genie, der zudem unzählige Instrumente beherrscht, sondern auch als Komponist.

Ich möchte hier nicht die Dinge unterschlagen, auf die ich auch hätte verzichten können. Das waren die zahlreichen Aufforderungen an das nur zu gern bereite Publikum, bestimmte, von Stevie vorgegebene Noten, nachzusingen. Aktuell und mutig immerhin, forderte er auch die Besucher auf, in Sprechchören B A R A C K O B A MA zu singen……
Aber auch das funktionierte, und trug letzten Endes mit zum gemeinsamen Erleben bei. Wonder stimmte auch zwischendurch, als Referenz für“™s deutsche Publikum O Tannenbaum ( etwas verfrüht?) an und summte „Wodden Heart“, -.das deutsche Volkslied “ Muss i denn zum Städele hinaus“. Aber diese Dinge gehören nun mal zum „Show-Biz, waren auch nicht dominierend ,sondern verblassten neben Wonder“™s ansonsten fantastischer Performance.

Ein ( negatives) Wort noch zum Publikum: Ich weiß nicht, wohin uns die Fress -und Sauflust der Deutschen führen soll. Die weltweit dicksten Männer haben wir schon…..
Während des ersten, wie gesagt eher „anspruchsvolleren“ Konzertteils gab es ein unausgesetztes Gerenne und Gelaufe der Menschen: raus aus der Reihe, rein in die Reihe, zu Zweit , zu Dritt, zu Viert…usw. Treppe rauf, Treppe runter, immer beladen mit Ess „“und Trinkbarem!
( Mit pisspottgroßen Trinkbechern voller Bier ( 1 Liter) oder Cola, Hotdogs, Pommes, oder Eis! ) Es hat mich geradezu angeekelt! Diese Menschen bringen es wohl niemals fertig, auch nur 15 Minuten mal nichts für den Bauch zu konsumieren. Neben mir saß ein junges Pärchen, die ungefähr 5 „“ 6 mal während des Konzertes immer wieder aufstanden und dann mit ihrem Fress-und Saufscheiß zurück kamen. WENN sie dann mal saßen schaute sie auf“™s Handy, und er filmte….
Und diese Leute behaupten später: Wir waren im Stevie Wonder Konzert…….
Sorry, wenn das jetzt sehr drastisch von mir gerügt wurde….aber als Musik „“und Kunstliebhaber fehlt mir für so ein Verhalten jedes Verständnis! Null Tolenzgrenze! Werner Matrisch, Köln, 23. September 2008

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Jazzie ist mein Nickname als Jazzmusiker. COLOZINE Magazin ist mein Blog. Beruflich bin ich Inhaber einer Internetagentur in Köln und Ostfriesland. Hier fröne ich meinen Hobbys. Ich liebe Smooth Jazz und die USA Jazz Musik Szene. Als Jazz Fan sehe ich Harmonie, nicht nur in der Musik, als unser allerhöchstes Gut an. Jazz-, Pop-, Hardrock- und Bluesmusik hat die Welt verändert und ist für mich unverzichtbar. Grund genug, durch die Welt zu surfen und Ausschau nach guten Music Acts und Musikern zu halten. Ich bin Fan des 1. FC Köln. Weitere Faibles gelten dem Motorsport, Tennis und Motorrad fahren. Ich bin ein Honda Freak und lasse mir gerne den Wind um die Nase wehen. Inzwischen habe ich meinen Lebensort an die Nordsee in Ostfriesland verlagert, weil ich mein Herz an ein Denkmal von Anno 1746 verloren habe. Bei Fragen oder Fehlangaben auf den Colozine Köln News Seiten hier die Kontaktmöglichkeit Jazzie (Reinhold Packeisen) oder Mail an info@koeln-news.com :-) Tel.+49 170 90 08 08 74