So geht Kirche der Zukunft – Katholische Kirche St.Georg Köln

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Katholische Kirche St.Georg Köln
Katholische Kirche St.Georg Köln
Köln- Für manchen der die katholische Kirche St.Georg, nahe am eingestürzten Stadtarchiv zum ersten Mal betritt, riecht das fast 1000 Jahre alte romanische Gebäude ziemlich muffig, aber nicht unangenehm.  Drinnen ist es kühl und das tut eigentlich ganz gut, denn draußen ist es ein leicht schwüler Tag. Ich bin in dieser Kirche als Gast der Hochzeit unserer Freunde Irena und Fred.
Für gute Freunde sind Hochzeiten ja oft so etwas wie  eine Pflichtveranstaltung. So wie Konfirmation,Kommunion,Taufe und so weiter. Wobei ja viele in der Familie eigentlich ja gar keine Mitglieder der Kirchen mehr sind. Wir sind christlich erzogen, doch einige, so wie ich, sind bereits vor Jahren aus der Kirche ausgetreten. Doch Familienfeiern ohne Kirche, das geht dann doch nicht so richtig.  Ihr kennt das.
Gemeinhin unterstellen ja gerade protestantisch erzogene Christen wie ich, der katholischen Kirche ungemein viel Muff und alt hergebrachte umständliche Rituale. Das sind eigentlich nach meinem Gusto alte Zöpfe die keiner braucht. Und richtig erschloßen haben sie sich doch kaum einem von uns, oder? Mir jedenfalls nicht.
Oft fielen mir in der Kirche  in den letzten Jahren die Augen zu. Mich macht  die abgestandene Luft müde. Hätten katholische Rituale nicht immer auch dieses  auf und nieder, würde ich wohl ein Stündchen in der Bank weg pennen.
Na ja und die vergangenen Jahre der katholischen Kirche unter Kardinal Meissner in Köln, gelten nicht gerade als Ruhmesblatt der katholischen Kirche. Der war aus Sicht vieler Kölner  gerade noch gut genug, in der jährlichen Stunksitzung  für großes Gelächter zu sorgen,weil er immer wieder für unsinnige, konservative und der Zeit fernen Aussagen zu Gesellschaft und Kirche gut war. Das ist nun mal so. Da wurde auch seitens der katholischen Kirche  wenig getan um Vorurteile ab zu bauen. Vielleicht durften die Pfarrer das aber auch nicht. Wer weiß ? Ich bin so zu sagen das Aushängeschild dieser Neigung und Inhaber des Vorurteils: All together but katholisch never!

Und dann erlebe ich einen katholischen Gottesdienst, der mich so was von fesselt, das ich eben jetzt ein paar Zeilen der Begeisterung darüber verlieren muss.

Zuerst einmal musikalische Begeisterung. Den Gottesdienst in der Kirche St.Georg begleitet ein Sänger und Organist der uns Gäste, bevor der Gottesdienst beginnt, erst einmal ohne Orgel, in die vor uns liegenden Songs des Gottesdienstes einweist. Das ist ja mal ein Ding.

Wir machen alle mit und es macht: Riesenspaß! Vorsingen. Nachsingen. Wiederholung.Uups. Und nochmal? OK!  Wir schmettern irgendwann alle aus voller Brust. Weil irgendwann wird Wiederholung auch meditativ  Das befreit mich und beschäftigt mich. Selbst mein Söhnchen links in der Bank läuft zur Topform auf.

Der Klang in der Kirche ist einmalig.Rubrik fetter Sound.  Später im Gottestdienst klingen die Lieder von der Gemeinde gesungen, mit Orgelbegleitung so richtig bombastisch. Donnerwetter das ist schon einmal ein sehr gute Idee.

Und dann geht das eigentliche Ritual los. Pfarrer Dr. Hermann-Josef Reuther

Leiter des Diözesanzentrums an der Romanischen Kirche St. Georg tritt an.

Ja von wegen katholische Rituale. Da steht ein Pfarrer, der es faustdick hinter den Ohren hat. Ein Mensch, der Mensch und Kirche kennt. Der das Wort kennt, es pfiffig und humorvoll vorträgt, dessen Gefühle spürbar sind und der eine Hochzeit mit uns feiert, die von der ersten bis zur letzten Minute spannend und fesselnd ist.

Der selbst mir mit ein paar Sätzen klar machte das ich zum Beispiel, den christlichen Segen nie verstanden habe. Weil ich immer meinte, der Segen käme von oben. Was aber nie passierte. Also konnte ich nie dran Glauben. An den Segen. In der Folge werde ich fleißig segnen. Echt jetzt!

Freunde ich sage Euch, nicht wegen der Hochzeit, sondern wegen der Worte und wie sie vorgetragen wurden schossen mir die Tränen in die Augen.

Weil dort ein katholischer Pfarrer stand, der humorvoll menschlich und sehr ernst, dem Wort den Raum gab und weil er es gestaltete. Das Wort. Das Wort der Bibel. Aber auch sein Wort.

Und diese Kombination und Interpretation ist sehr stark und beeindruckend, weil ich spüre das Pfarrer Reuther etwas bewegen will. Er möchte Veränderung. Eine Veränderung der Kirche, aber auch das wir Menschen uns verändern. Das es eine Option der Veränderung gibt für jeden von uns. Dafür macht er das Wort, den Satz verständlich und macht mit einem Augenzwinkern deutlich, das wir nicht alles verstanden haben. Das wir viele Vorurteile haben und immer meinen, wir wären gebildet, informiert und wüssten bereits alles verstanden zu haben.

Ein Pfarrer, der christliche Texte und Worte in eine moderne verständliche  Form transformiert, ist am Ende eine Bereicherung für den Menschen. Wenn wir zuhören. Gerade in Zeiten, in denen Teile unserer Gesellschaft, die Welt die sie umgibt nicht mehr verstehen, ist es wichtig, das wir auf Menschen treffen, die Worte richtig deuten können.

Ein Pfarrer der mit seinen Worten Integration betreibt, sich in der Gemeinde um Flüchtlinge kümmert und in seiner Kirche ganz besonders  Gehörlosen einen Platz und ein Forum bietet. Respekt.

Dr. Hermann-Josef Reuther ist neben Hans Mörtter, dem Pfarrer der evangelischen Lutherkirche in der Kölner Südstadt, der zweite Kölner Kirchenchef, der mich wahrlich echt beeindruckt hat.

Pfarrer Reuther zeigt auf , das  katholische Kirche sehr modern geworden ist und auch in Zukunft einen wichtigen Platz in der Gesellschaft hat.  Denn wenn wir das kluge,humorvolle und menschliche Wort akzeptieren und leben ,wird es uns viel leichter fallen in der Zukunft mit komplexen Dingen klar zu kommen.

Wenn wir Menschen in den Glauben an die Liebe bestätigt werden, lässt uns das unsere Ängste gegenüber dem Fremden,dem Unbekannten und der Zukunft verlieren. Millionen Menschen auf der Welt sind auf der Flucht. Auf der Suche nach einem Leben. Einfach nur leben in Liebe und Vertrauen,ohne Hunger und Leid. Und wir die Gesellschaft, erzogen in christlichem Glauben und der Liebe, haben den Worten nie geglaubt, oder sie vielleicht nie verstanden, denn unser Verhalten hat oft nichts mit Liebe zu tun.

Was gibt man einem Brautpaar bei der Hochzeit mit? Meist hören wir warme und warnende Worte. Oder das berühmte Wort: „bis das der Tod uns scheidet“. Ein Ritual und ein  Versprechen. Das eigentlich nichts sagt. Vor dem sich viele sogar fürchten. Wer will sich heute schon für fünfzig Jahre festlegen.Ich stehe doch nur hier weil ich Liebe. Mehr weiß ich nicht.

Wie oft gehen frisch Vermählte aus der Kirche und haben das Wort nicht vernommen und verstanden, das sie für die gemeinsame Zukunft stark machen soll. Die Worte von  Pfarrer Reuther an meine Freunden Irena und Fred gingen so.
Ein Gedicht von Erich Fried – Dich.

Dich
dich sein lassen
ganz dich

Sehen
daß nur du bist
wenn du alles bist
was du bist
das Zarte
und das Wilde
das was sich losreißen
und das was sich anschmiegen will

Wer nur die Hälfte liebt
der liebt nicht halb
sondern gar nicht
der will dich zurecht schneiden
amputieren
verstümmeln

Dich dich sein lassen
ob das schwer oder ist ?
Es kommt nicht darauf an mit wie viel
Vorbedacht und Verstand
sondern mit wie viel Liebe und mit wie viel
offener Sehnsucht nach allem –
nach allem
was du ist

Nach der Wärme
und nach der Kälte
nach der Güte
und nach dem Starrsinn
nach deinem Willen
und Unwillen

nach jeder deiner Gebärden
und deiner Ungebärdigkeit
Unstetigkeit
Stetigkeit

Dann ist dieses
dich dich sein lassen
vielleicht
gar nicht so schwer

Ein Liebesgedicht. Für eine Beziehung. Für die Ehe und die Partnerschaft, die, wenn sie in der Zukunft dieses Wort  lebt, denkt und danach handelt, nur stark sein kann. Gelebtes Wort wird schwierige Lebensabschnitte, Höhen und Tiefen meistern. Das Wort muss man suchen, finden und interpretieren und am richtigen Ort zur richtigen Zeit aussprechen.

Ich hoffe ihr versteht was ich meine. Und wenn nicht, dann geht doch einfach mal zum Gottesdienst, oder einer der vielen anderen Veranstaltungen der Kirche nahe der Altstadt und der Südstadt. Informationen findet ihr auf der Webseite : Kirche St.Georg in Köln.

Wobei ich bei dieser Gelegenheit nicht versäumen möchte  eine „social media“ Speerspitze der katholischen Kirche bei Twitter zu erwähnen. Ja Katholiken können auch Twittern. Pater Maurus Runge @pmaurus  vom Benediktinerkloster Königsmünster Meschede. Er ist wie Fred und ich ein Effzeh Fan durch und durch. Was ihn aus meiner Sicht noch einmal besonders liebenswert macht. Pater Maurus,  der immer wieder überraschend frech und simpel deutlich macht, das hinter Glauben und katholischer Kirche einfach auch mal Humor und eben menschliches Leben steht.
Hier ein Beitrag auf  www.katholisch.de übrigens der katholischen Internetseite die im Netz bei jungen Leuten einen überaus guten Ruf hat.„Dresscode ist Dresscode“Wie man im Vatikan stilecht die Hitze erträgt

Ich werde jetzt nicht zum katholischen Glauben wechseln,nein sicher nicht. Doch dieser Tag hat mir nur wieder zur einer viel höheren Akzeptanz gegenüber der katholischen Kirche verholfen. Er mich bestätigt. Bestätigt das meine christliche Erziehung nicht umsonst wahr. Das war ein Gottesdienst der mir noch einmal eindringlich klar gemacht hat, das mein Urvertrauen in die Liebe richtig ist. Ohne etwas über andere Menschen zu wissen, sollten wir ihnen nicht unser bedingungsloses Vertrauen, den Respekt und die Liebe verwehren.

Die moderne Gesellschaft die wir uns geschaffen haben scheint ideal. Sie verwässert jedoch im Übermaß unsere gesellschaftlichen und menschlichen Werte. Sie ist mehr denn je von Narzissmus geprägt. Je weiter wir diese Werte ins Jenseits verdrängen um so mehr stehen wir selbst im Abseits. Das beginnt im Familienkreis und setzt sich endlos, bis in den Rechtspopulismus und die Fremdenfeindlichkeit fort. Denn unter diesem Banner exzistiert bereits keine Menschenliebe mehr, sondern nur noch Eigenliebe. Darüber sollten wir nachdenken. Ich werde diese Kirche sicherlich noch einmal besuchen und ihr hoffentlich auch.

Vielleicht kennt ihr ja noch mehr katholische Pfarrer, mit denen Ihr das selbe erlebt und von denen Ihr überzeugt seid, das mehr Menschen von Ihnen erfahren sollten, dann schreibt einfach einen Kommentar.

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Jazzie ist mein Nickname als Jazzmusiker. COLOZINE Magazin ist mein Blog. Beruflich bin ich Inhaber einer Internetagentur in Köln und Ostfriesland. Hier fröne ich meinen Hobbys. Ich liebe Smooth Jazz und die USA Jazz Musik Szene. Als Jazz Fan sehe ich Harmonie, nicht nur in der Musik, als unser allerhöchstes Gut an. Jazz-, Pop-, Hardrock- und Bluesmusik hat die Welt verändert und ist für mich unverzichtbar. Grund genug, durch die Welt zu surfen und Ausschau nach guten Music Acts und Musikern zu halten. Ich bin Fan des 1. FC Köln. Weitere Faibles gelten dem Motorsport, Tennis und Motorrad fahren. Ich bin ein Honda Freak und lasse mir gerne den Wind um die Nase wehen. Inzwischen habe ich meinen Lebensort an die Nordsee in Ostfriesland verlagert, weil ich mein Herz an ein Denkmal von Anno 1746 verloren habe. Bei Fragen oder Fehlangaben auf den Colozine Köln News Seiten hier die Kontaktmöglichkeit Jazzie (Reinhold Packeisen) oder Mail an info@koeln-news.com :-) Tel.+49 170 90 08 08 74