Roger Cicero& Big Band in Neuwied. Open Air – Schloss Engers 11. 8. 2010
Ein Konzert im strömenden Regen ist schon eine besondere Erfahrung. Nach einer halbwegs „trockenen“ Periode gestern vor dem Konzert ( 18-19 Uhr) – wir saßen in einer Kneipe bei einer sehr „mäßigen“ Abendmahlzeit – dachten wir, das war’s hoffentlich mit dem Regen.Wir wähnten uns in der Hoffnung doch noch ein regenfreies Konzert zu erleben.
Wir saßen dann um 19:30 im schönen Schlosshof auf unseren Plätzen – es war NOCH trocken – jedoch Punkt 20 Uhr verspürte ich einen Tropfen…. Ich schaute in den Himmel, und fand eine riesige dunkle Wolkenfläche über uns recht bedrohlich! Um 20:05 kam die Band auf die Bühne und sofort nach dem kurzen Intro der Band und dem Erscheinen von unserem Star Roger Cicero, ging’s los mit einem Regen, der uns alle im weiteren Verlauf des Konzerts „gewaschen“ hat. Das Regencapé hielt vorläufig die Schultern und den Kopf noch trocken – aber schon bei „Ohne Worte“ dachte ich, für diesen „gemeinen“ Regen habe ich keine Worte mehr…! Das war einfach „to much“!“¨“¨Roger meinte übrigens, dass der Regen ziemlich „laut“ auf unsere Plasikcapés tropfe… Stoff wäre besser und leiser.  Nach der Konzertpause hörte es während 3-4 Songs mal auf zu regnen „“ aber dann ging’s wieder los, und zwar heftig!
Noch vor Ende, des Konzerts -Roger fing gerade mit „Murphys Gesetz“ an, -waren wir alle wie geduscht ! Erbarmungslos prasselte der Regen auf uns nieder. Roger hat dann wunderbar einen neuen, zum Wetter passenden Text am Ende von „Murphys Gesetz“ improvisiert! Und nicht nur da. Kein Mensch sollte behaupten, Roger Cicero könne nur vorgefertigte Sätze in der Überleitung zu seinen Songs sagen. Dieses Konzert bewies das Gegenteil ! Seine Moderation oder Kommunikation mit dem Publikum war sicher, spontan, improvisatorisch, heiter und schlagfertig!
MUSIKALISCHE IMPROVISATIONEN hat Roger Cicero’s Gesang zudem in jedem Song parat – auch nach der x-ten Interpretation, da muss sich niemand Sorgen machen. Er ist viel zu musikalisch, um einen Song jedes Mal gleich zu singen. Immer wieder phrasiert und ändert er Noten und den Rhythmus seiner Songs neu, betont anders,- schafft so ganz neue Akzente. Auch wer ihn schon oft live erlebt hat: Cicero überrascht und erstaunt bei jedem Konzert auf’s Neue mit seiner Power und einer Intensität die einfach beeindruckt. Man spürt „“ dieser Mann gibt in jedem Song alles was zu geben ist. „¨“¨Das betrifft diesmal besonders seine Unplugget-Version vom leisen Liebeslied: „Fachmann in Sachen Anna“!
Nach dem instrumentalen Teil, wenn Bassgitarre und Percussion akustisch kristallklar wummern – man hat noch die samtenen, traurigen Klänge seiner Stimme im Ohr – legt er plötzlich in einer anderen, echt expressiven Gesangsart los. Er schreit die Verzweiflung und Trauer, von der das Lied handelt – laut und in harten, hohen Tönen heraus – Töne, die einen gemessenen Wohlklang längst verlassen haben. Das gehört klar in die Kategorie „Soul“ und so habe ich den Song noch niemals gehört. Klasse, Roger ! „¨“¨Beim Song „Geboren“ denke ich jedes Mal : das war jetzt seine beste Version! Aber von wegen: Im Schlossgarten von Neuwied-Engers hat Roger sich bei dem Song erneut übertroffen!!! Mehr geht nicht, schießt es mir durch den Kopf..“¨Gabriel Coburger und Roger brachten ein mitreißendes, schier überschäumendes und dabei sehr variables Jazzduett! Coburger’s Saxophon und Rogers Stimme – einfach nur brillant. Eine „Tour de force“ von großem musikalischem Ideenreichtum.
Es fällt mir schwer nachzuvollziehen, warum Roger Cicero immer noch ein relativ stark polarisierender Künstler ist – nicht in den wirklichen Musikfachkreisen- aber doch bei etlichen Liebhabern von Pop oder Jazz. Jene, die ihn offensichtlich gerne unterschätzen, bräuchten dringend eine „Cicero-Livelektion“ „“ die sie garantiert erstaunen würde.“¨“¨Keine Frage , dass auch die „Fantastische Big Band“ wieder “ first class“ war. Wie punktgenau auf den Bruchteil einer Note alle Musiker spielen müssen, zeigt besonders schön das furiose Ende von „Murphys Gesetz“. Der Cicero-Hit aus dem Album „Männersachen“( 2006), welcher inzwischen beim Live-Artgerecht-Programm zu einer Art Funk-Gospel mutierte, läßt in jedem Konzert die Besucher ekstatisch mittanzen und singen. Überschwappende Dynamik = BEGEISTERUNG PUR !
Diesmal konnte Roger seine Big Band mit seinen stakkatoartigen Sprechgesangssalven etwas überlisten… einen Tusch spielten sie zu viel.  ( nach meinem Gehör…) Machte aber nichts – im Gegenteil, das trug zur Stimmung bei, die sich aber eh nicht mehr steigern konnte…. „¨“¨Die Leute waren alle total “ aus dem Häuschen. Roger hielt nichts zurück – er gab sich ganz. Mit seinem Publikum konnte er allerdings auch zufrieden sein: Er wurde umjubelt und musste viele Hände schütteln „“ und das Beste: Tatsächlich haben nur wenige Besucher wegen des Regens das Konzert vorzeitig verlassen.“¨“¨Roger meinte zum Abschied: „Ihr seid die Hartgesottensten“ die ich je erlebt habe, und er würde die Wetterverantwortlichen ( oder so ähnlich) „so was von verklagen“…….
Leute , es war wieder ein Superkonzert – aber : schöner wär’s ohne“ gewesen – kein Zweifel!…
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Zur Erklärung für Uneingeweihte: Die Überschrift dieser Besprechung ist eine Anspielung auf seinen Song Schöner war’s ohne“ (Auf der CD „Beziehungsweise“ , 2007) 🙂