Köln News – Ich verlasse den Kölner Stadtgarten nach dem Konzert mit dem von mir sehr geschätzten und geliebten Max Mutze erstmalig mit zwiespältigen Gefühlen. Im Internet finde ich wenige Stunden später bereits von „Ruhrnachrichten.de“ eine knappe, aber absolut lobende Kritik – unter anderem über Mutzkes „stets gefühlvolle Intonation“ .
Das kann man so sehen, trotzdem drängte sich mir während des Konzertes immer wieder das Gefühl auf, dass Max stimmlich diesmal manchmal auch überzogen hat. Es war alles (für mich jedenfalls) etwas zu viel des Guten.Ich hatte sein Singen sensibler in Erinnerung. Nicht unbedingt wegen so schöner Balladen wie „You are so beautiful“ oder „Me and Mrs. Jones“,die er diesmal nicht sang – auch seine poppigen oder rockigen Songs fand ich bisher differenzierter gesungen, als im Kölner Stadtgarten am 22. September 2015.
Vielleicht lag das auch an den – sagen wir mal – „überfetten“ oder „knalligen“ Arrangements, die das Klangniveau meistens bis zum Äußersten trieben. Dazu kam eine zweifelhafte Qualität des Sounds überhaupt: die E-Gitarre hörte sich ziemlich oft übersteuert an, dazu eine mitunter grenzwertige Lautstärke – der Max mit maximaler Stimmlautstärke begegnen musste.
Klar, das kann der Max – er hat eine Powerstimme, damit beeindruckt er sein Publikum immer wieder – besonders auch durch unendlich lang gezogene Noten (bei „Creep“) oder einfach nur durch seine pure vokale Kraft. Der punktgenaue Applaus beweist dies deutlich. Ich empfand diesmal aber, dass vokale Differenzierung dabei oftmals auf der Strecke blieb. Dieses dominierende uptempo POP- – und Rock- Repertoire, lässt eben weniger Raum für nuanciertes Singen als Soul- und Jazzballaden, die ich von Max sehr schätze.
Wenn ich nur simpel und böse urteilen wollte, könnte ich tatsächlich schreiben:Im Gegensatz zu früheren Mutzke-Konzerten klang das diesmal wie das volle „Hau-Drauf-Programm“ ! Aber das will und kann ich natürlich nicht bestätigen, weil ich weiß, dass viele der Songs seines neuen Albums einfach viel zu gut sind, um sie mit „Hau Drauf“ abzuqualifizieren – und ganz so schlimm war es natürlich auch nicht in diesem Konzert.
Dabei muss man schon bemerken, dass manche der „lauten“ Songs wie gerade beispielsweise „Laut“ sogar richtig gut kamen. Wunderbar auch dazu Max‘ einleitende, lässig-mokante Moderation über das unlustig-gehorsame Leben im überalterten Baden-Baden zu diesem Song! Max bleibt dabei, egal was er auch sagt, ein mitreißender Sympathieträger, der dem Publikum das Gefühl vermittelt: So spricht Max Mutzke nicht nur auf der Bühne, sondern überall im täglichen Leben, wo immer man ihn treffen könnte – unverstellt und ehrlich.
Auch „Charlotte“ – ein Song über eine Frau die extrem nervt…. fetzt unglaublich, und wird am Ende in seiner längeren Improvisation mit Maik Schott am Keyboard (Randbemerkung: Maik scheint mir leider in diesem neuen Mutzeprogranmm etwas unterfordert) dadurch musikalisch interessanter als so manch anderer Powersong. Das klang soundmäßig gerade in diesem Konzertprogramm willkommen und abwechslungsreich – nicht zuletzt durch die jazzigen Einflüsse.
Letztere wurden auch gehört, als Mutzke sich Trompeter Nils Wülker – der in Köln das Vorprogramm bestritten hatte – noch einmal für ein klangschönes Duett auf die Bühne holte.
Eher ruhigere Songs waren außerdem das großartige „Not Right“ am Ende des Konzerts, und „You are all around me“. Diesen Song – wieder mit einer sehr gefühlvollen Einleitung zur Bedeutung und Verstehen des Songs – gestaltete Max absolut ergreifend in Gesang und Körpersprache.
Leider wurde seine stark emotionale Performance durch die übertrieben laute, meist dröhnend übersteuerte Elektro-Gitarre für meinen Geschmack gestört, sogar beschädigt. Beschädigt deshalb, weil der ständig verzerrte Klang der E-Gitarre vom Gesang ablenkte. Ich machte mir Gedanken darüber, warum Max die Gitarre zu diesem Song gewählt hat: Der Klang sollte weh tun, sozusagen ins Gehirn schneiden, den Schmerz des Verlustes deutlich machen. Das tat er in der Tat. Insofern war die E- Gitarre „vielleicht“ sogar richtig – aber ob sie klanglich so „kaputt“ klingen musste, ist zumindest fraglich.
Ansonsten katapultierte natürlich das vehemente Spiel des durchaus begabten Gitarristen Justin Balk die mehr Soul-Jazz-Funk orientierte Musik früherer Mutzke-Konzerte jetzt verstärkt in den Rockbereich. Ich denke, auch das war Absicht – deswegen wurde er den fantastischen monoPunk-Musikern für die aktuelle Tour beigesteuert – von denen eigentlich nur Bassist Danny Samar sein Können auch mal mit einem Solo in den Vordergrund stellen konnte
Neben seinen Songs des aktuellen Albums begeisterte Max selbstverständlich auch mit seinen Signatur- Songs „Marie, „Can’t Wait Until Tonight“ und einem seiner besten Songs „Schwarz auf Weiss“
Max Mutzke hat sich in früheren Konzerten für mein Empfinden wandlungsfähiger gezeigt – aber seine schon explosiv zu statuierende Bühnenpräsenz machte ihn auch an diesem Abend im Kölner Stadtgarten zu einem Gewinner. Einmal drohte Max förmlich „auszurasten“ als er sich minutenlang eine exzessartige Tanz- performance auf der Stelle leistete.
Ich musste lächelnd an ein Oscar-Wilde-Zitat denken, in dem es sinngemäß heißt: „Kunst an sich ist immer etwas Übertriebenes“ . Also auch so etwas gehört zu einem Künstler, der sich in seiner Musik vergessen kann – und das macht einen Max Mutzke aus.
Das Publikum raste am Ende und feierte die Künstler in einem frenetischem Taumel der Begeisterung. Später im Foyer standen die Fans in der Schlange, um sich diverse Tonträger von Max signieren zu lassen,
Dazu nahm sich der Künstler Zeit – sowohl zu Gesprächen wie auch zu den obligatorischen Fotos der Fans.
Max und monoPunk – ich bleibe an ihrer Seite, auch wenn ich nicht umhin kann, durch die Ambivalenz meiner Gefühle die wahre, dauerhafte Konzert-Verzauberung nicht wie bei früheren Konzerten verspürt zu haben.