Köln – Die Situation begann in der Zeit der Corona-Pandemie, als ein neuer Nachbar in Krummhörn-Loquard entlang der Dorfhauptstraße einen Schilderwald errichtete. Diese Schilder trugen politische Botschaften, Protestaufrufe gegen die Regierung und Impfungen sowie verschiedene Anweisungen, was die Dorfbewohner seiner Meinung nach unterlassen sollten. Der Schilderwald erstreckte sich über etwa 20 Meter der Grundstücksgrenze und prägte so nachhaltig das Bild der Straße.
Während das Dorf noch den Schock über zwei unschöne Ruinen verkraftete, entstand mit diesem Schilderwald ein weiterer unschöner Anblick. Dabei war die Dorfgemeinschaft gerade erst erleichtert, dass der Abbruch der Kastanienhof- und Mennenga-Ruinen zur Verbesserung des Ortsbilds beigetragen hatte.
Nach sechs Monaten, in denen die Schilder unverändert blieben, formierte sich in der Dorfgemeinschaft zunehmend Unmut. Dieser mündete in Beschwerden beim Ortsvorsteher Reiner Willms, die schließlich auch dem Krummhörner-Gemeinderat vorgetragen wurden. Dann sorgt eine Reichskriegsflagge im Garten für Aufregung. Der Staatsschutz ermittelt. Ergebnis für den Bürger unbekannt. Die Argumentation des Nachbarn stieß auf wenig Verständnis seitens der Dorfbewohner und trug nicht zur Lösung des Konflikts bei.
Doch nicht nur Loquard ist betroffen: Auch in den Nachbardörfern Uttum und Groothusen begannen Nachahmer, ähnliche Schilder aufzustellen. Dies beeinträchtigte das Erscheinungsbild der Region, insbesondere angesichts ihrer Bedeutung als beliebtes Touristenziel. Zahlreiche Feriengäste, die von der Schönheit der Krummhörn angezogen werden, äußerten Verwunderung und stellten Gastgebern Fragen:“Sind das alles Reichsbürger oder AFD Anhänger?“ Fragen, die wir leider nicht beantworten konnten.
Der örtliche Sportverein wird für ein Schild abgemahnt
Und es führte zu weiteren Ungerechtigkeiten: Der lokale Sportverein FC Schwarz-Weiß Loquard e.V. wollte lediglich ein Schild zur Bewerbung des nächsten Spieltages aufstellen – ebenfalls an der Dorfhauptstraße. Allerdings wurde der Verein innerhalb von drei Tagen von der Landesbehörde für Straßenwesen Niedersachsen abgemahnt. Vereinswerbung ohne Genehmigung sei nicht gestattet, und der Verein musste das Schild unter Androhung eines Bußgeldes entfernen. Während private politische Meinungsäußerungen in Form von Schildern weiterhin gestattet schienen, musste die Vereinswerbung weichen. Diese Ungleichbehandlung warf Fragen nach der Rechtsgrundlage und der Zuständigkeit auf.
Die Dorfbewohner fragen sich, ob und wie die Landesbehörden zwischen verschiedenen Formen von Werbung und Meinungsäußerung unterscheiden. Wieso wird das Aufstellen politischer Parolen ohne Genehmigung geduldet, während andere Formen der Kommunikation strengen Auflagen unterliegen? Es muss doch Regelungen geben, die dies klar regeln und für Gerechtigkeit sorgen – ebenso wie es bauliche Vorschriften gibt, um die Sicherheit und das Ortsbild zu schützen.
Die Mahnwache als letzte Lösung
Drei Jahre dauern diese Entwicklungen nun an, und der Unmut im Dorf wächst. Inzwischen wurden bei den zuständigen Behörden Anzeigen eingereicht. Verbotene Symbole und Parolen, die in anderen Bundesländern als verfassungsfeindlich eingestuft wurden, beschäftigen jetzt die Staatsanwaltschaft in Aurich. Ein ähnlicher Fall führte in Thüringen zu einer Verurteilung, doch in Ostfriesland scheinen die Behörden (Artikel am Ende des Beitrag) anders zu entscheiden.
Da bislang keine Veränderung seitens der Behörden zu erkennen ist, haben sich einige Anwohner entschieden, durch eine Mahnwache friedlich auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Ihr Ziel ist es, die Verbreitung extremistischer Inhalte in ihrem Dorf zu verhindern und für ein respektvolles Miteinander einzutreten. Sie fordern, dass die Behörden das Gemeinwohl und die Integrität des Ortsbilds stärker in den Blick nehmen und klare Regelungen schaffen, die solche Aktivitäten begrenzen.
Im Rahmen meiner Recherche besuchte ich die Mahnwache und sprach mit den Anwesenden. Ihre Sorgen und Forderungen waren für mich nachvollziehbar und zeugen von einem großen Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihrer Heimat und ihren Mitbürgern. Während in anderen Teilen Deutschlands entschiedene Maßnahmen gegen derartige Handlungen getroffen werden, erscheint das Vorgehen hier zögerlich.
Der Nachbar reagiert wütend und aggressiv gegen unsere Schilder
Der Nachbar, dessen Schilder Anlass zu dieser Mahnwache gaben, trat im Laufe des Gesprächs dazu – jedoch nicht, um in den Dialog zu treten. Stattdessen beschränkte er sich auf Pöbeleien und das Fotografieren der Teilnehmer. Er drohte mit Anzeigen, obwohl die Bürger ihr verfassungsmäßig garantiertes Recht auf freie Meinungsäußerung im öffentlichen Raum wahrnahmen.
Diese Entwicklungen werfen grundlegende Fragen auf: Wieso werden Einzelne geschützt, die das Ortsbild durch ihre Aktionen langfristig stören, während die Rechte der Dorfgemeinschaft vernachlässigt werden? Warum gibt es keine klaren Regelungen, die politische Meinungsäußerungen im öffentlichen Raum in Einklang mit dem Schutz des öffentlichen Friedens und der Landschaft bringen?
Ich verstehe nicht, welche Motive den Nachbarn zu seinen Handlungen treiben. Seine Schilder bleiben für viele unverständlich und tragen nicht zur Versachlichung der Debatte bei. Stattdessen erwecken sie den Eindruck, dass das Wohl der Dorfgemeinschaft und das harmonische Zusammenleben in den Hintergrund gedrängt werden. Nach zehn Jahren in dieser Region kann ich nur sagen, dass Loquard ein Ort von außerordentlicher Lebensqualität ist. Es ist schade, dass Einzelne durch ihr Verhalten dieses Miteinander gefährden.
Die Lösung liegt meiner Meinung nach in klaren, transparenten Regelungen, die nicht nur politische Meinungsäußerungen schützen, sondern auch die Rechte der Gemeinschaft wahren. Es geht darum, den respektvollen Umgang miteinander zu fördern – in Loquard, in der Krummhörn und darüber hinaus.
In Thüringen wurde Björn Höcke dafür verurteilt. In Ostfriesland beurteilt man das anders.
Das Ergebnis der Ermittlungen ist in diesem Artikel der Ostfriesen Zeitung nachzulesen.