Köln- Die deutsche Sängerin Lyambiko hat ihre Laufbahn zwar als Jazzsängerin angefangen, sich aber längst einer künstlerischen Offenheit verschrieben, bei der es viel mehr um persönliche Timbres, spontane Stimmungen und subjektive Perspektiven geht als um festgelegte Kategorien oder gar Ausgrenzungen.
Mal ehrlich, brauchen wir heute noch so antiquierte Begriffe wie Jazz oder Pop? Wir blicken auf mehr als ein Jahrhundert einander durchdringender Einflüsse aus Europa, Afrika und Amerika zurück, die sich in so unterschiedlichen Genres wie Jazz, Soul, Funk, Pop, R&B oder Blues niederschlagen. Wenn sich all diese Einflüsse und Traditionslinien in einer einzigen Stimme vereinen, hat der Spartenhörer endgültig ausgedient.
Bestanden Lyambikos frühe Alben noch aus geschmackvollen, wenn auch in ihrer Zusammenstellung eher zufällig wirkenden Standard-Interpretationen, ging die 1978 im thüringischen Greiz geborene Sängerin bald zu komplexeren Themen über. Auf ihrer neuen CD „Muse“ setzt sie sich eine thematische Klammer: Die von ihr ausgewählten Stücke stammen ausschließlich von Frauen. Dabei geht es ihr weder um einen Quotennachweis noch um die Frage, ob Frauen anders komponieren als ihre männlichen Kollegen. Ihr Album ist mehr aus einem Bedürfnis nach Empathie entstanden. Die Frauen, deren Originale sie hier zum besten gibt, haben ihre Songs unter ganz unterschiedlichen Bedingungen, teilweise gegen höchst unterschiedliche Widerstände geschrieben. Lyambiko eignet sie sich an und formt sie zu ihrer eigenen Geschichte, nicht mehr und nicht weniger.
Jutta Hipp, Stevie Nicks von Fleetwood Mac, Aki Takase, Julia Hülsmann , Abbey Lincoln, Erykah Badu, Jill Scott, Ann Ronell, Bernice Petkere, Consuelo Velazquez, Fumi Udo und Kay West sind die Songwriterinnen, auf deren Vorlagen Lyambiko hier ebenso lustvoll wie behutsam zurückgreift. Dieses Bekenntnis zu den weiblichen Impulsen in Jazz und Pop wäre jedoch höchst unvollständig, wenn mit dem unbekümmert swingenden „Spring“ nicht auch eine Nummer von Lyambiko selbst dabei wäre.
Die Songs, die Lyambiko auf „Muse“ zusammenträgt, ergeben in ihrer Gesamtheit ein sehr eindringliches Kaleidoskop von Haltungen, Geschichten und Reflexionen, die nicht nur von der variantenreichen Stimme der Sängerin, sondern auch von dem unaufdringlichen, aber stets akzentuierten Spiel von Pianist Marque Lowenthal, Bassist Robin Draganic und Drummer Heinrich Köbberling transportiert werden. Piano, Bass und Schlagzeug umtanzen den Gesang mit beeindruckender Leichtfüßigkeit. So gelingt es der Sängerin und ihren drei Begleitern, Intimität und Nähe zum Hörer herzustellen.
Man soll und kann „Muse“ vor dem gedanklichen Hintergrund der femininen Inspiration genießen, die Lyambiko zu dieser außergewöhnlichen Liederreise bewog, man kann die Platte allerdings auch getrost als das nehmen, als was sie sich ohne Berücksichtigung dieser Hintergrundinformation außerdem noch offenbart: eine wunderbare musikalische Erzählung in 15 Kapiteln, die gleichermaßen in der Vergangenheit und Gegenwart spielt und ebenso zum Nachdenken und Innehalten auffordert, wie sie sich zur bunten Vielfalt des Lebens bekennt.
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