Kultur in der Sackgasse – Wenn ein Gemeinschaftsfest von einer Minderheit gestoppt wird

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Kölner Filmhaus Chor Kultur in der Sackgass
Kölner Filmhaus Chor Kultur in der Sackgass

Köln- Es sind nur noch wenige Tage bis zum 1. September, an dem es eigentlich zum 16. mal eine Kultur in der Sackgasse gegeben hätte. Doch ein Jahr nach dem Jubiläum ist die Veranstaltung tot. Und das ist wirklich traurig. Und doch ist es ein Synonym unserer Zeit. Bereits im April berichtete der KSTA über die Gründe. In erster Linie geht es neben der großen Belastung für die  Organisatoren um Ärger mit den Anliegern.

Foto (c) Ralf Perey Facebookseite Kultur in der Sackgasse

Traurig, aber typisch, das sich die Minderheit gegen die Mehrheit durchsetzt

Es ist inzwischen typisch für Großstädte, das neu hinzugezogene Einwohner in einem Haus, oder in einer Straße, sich erst einmal bemerkbar machen, in dem sie sich nicht vorstellen um sich in die Gemeinschaft einzubringen, sondern bei lauter Musik in der Nebenwohnung, oder Gesprächen und Musik aus dem Fenster der Kneipe gegenüber, erst einmal das Ordnungsamt oder die Polizei rufen. Damit mal sofort klar ist, wie Recht, Gesetz und Ordnung in der Straße zu behandeln sind. Könnte man verstehen, muss man aber im Falle eines Kultur Festes nicht.

Kultur in der Sackgasse war 15 Jahre nie eine Großveranstaltung

Ein Straßenfest wie Kultur in der Sackgasse war 15 Jahre nie eine Großveranstaltung für ganz Köln, sondern einfach ein wunderbares Dorfgemeinschaftsfest in Köln Weiß. Der Anspruch war simpel und einfach. Es sollte niemanden der Rang abgelaufen werden.

J P Weber Darüber hinaus war es eine Förderstätte für lokale Künstler, Vereine, Musik – und Tanzgruppen. Es war immer ein Intim Event, der Alt und Jung  und in erster Linie die Nachbarn zusammenbrachte. Den Chor, den Karnevalsverein, die Dorfgemeinschaft und im weitesten Sinne die Nachbarn aus Sürth.

Es war ein Fest auf das sich viele Musiker und Künstler und Teilnehmer Jahr für Jahr gefreut haben. Die Vorbereitung für viele begann oft schon im Frühjahr. Jede Band, jede Tanzgruppe, jeder Maler, die Lebenshilfe, die Diakonie und die Vereine bereiteten Jahr für Jahr immer etwas besonderes vor. Dann kamen Oma und Opa, Tanten und Onkels, Freunde und Bekannte und bewunderten oft auch, so kann man es sagen, den recht dilettantischen Auftritt mit großer Begeisterung. Anschließend wurde der Abend von allen, Zuschauern und Akteuren gemeinsam mit der Abendband gefeiert.

Und ist das ein Drama? Kann man das nicht ertragen? Kann man seine persönlichen Befindlichkeiten, mal nicht vor seiner Tür zu parken, oder bis 22:30 Uhr (später wurde es meist nie) sich das nicht erschließen?

Liebe Leute, ich kenne eine Menge Dörfer und Orte, in denen man stolz wäre,hätte man einen Verein, oder Organisatoren, die einmal im Jahr ein solches Fest stemmen würden.

Leev Anlieger der Sackgasse Euch wird das Fest  nicht fehlen!

Ich dagegen bin froh,das ich 15 Jahre Teil von Kultur in der Sackgasse war. Für mich hatte es eine Bedeutung. Für die Anderen kann ich nicht sprechen. Für mich bleiben unvergessliche Momente, als ich mit den „Drums of Weiß“ und der „All Stars Band“  das erste mal auf der großen Bühne gestanden habe und dann später für viele hundert Menschen am Schlidkröt Platz mit „Jazzpack Cologne“ gespielt habe.

Ich bekomme jetzt beim schreiben Pipi in die Augen, wenn ich daran denke, wie viel Zeit ich mit Euch, den lieben Musikern und den ganzen lieben Menschen in Weiß verbracht habe.

Ich kam nach Köln und kannte kaum Menschen hier. Und es ist unglaublich,wie viele liebe Freunde ich durch dieses Fest gewonnen habe. Es ist in 15 Jahren ein ganzer Lebenskreis geworden. Das wurde mir dieses Jahr auch in Ostfriesland deutlich, wo uns ja schon einige von Euch besucht haben. So viel über die Wirksamkeit von Kultur und Straßenfesten für eine Gesellschaft.

ihr habt nun mit Eurem Protest dafür gesorgt das Kultur in der Sackgasse nicht mehr stattfindet. Ich kann damit Leben. Denn Ihr könnt mir die Erinnerung an den Abend mit den „Himmelsreitern“ den Jazz Frühschoppen mit „Behrendt ans friends“ , die „Tim Plus“ Band , den „Kölner Filmhauschor“ und so so viele andere tolle Bandauftritte in der Sackgasse nicht nehmen. Ihr konntet die Freude der Kinder beim Spielzirkus und das Lachen der Weißer an vielen dieser Tage in den 15 Jahren nicht erleben. Das tut mir sehr leid für Euch. Mir hat es immer unglaublich viel Spaß gemacht. Und ja, es fehlt mir sehr.

Aber vielleicht mögt ihr ja keine Kunst,Kinder oder Musik. Das könnte ja auch sein. Vielleicht seid ihr einfach an den falschen Ort gezogen. Wie diese Frau, die in das Zooviertel zieht und und nun gegen den Lärm der Tiere klagt. Oder wie die Anlieger der Kranhäuser, die an den Rhein ziehen und jetzt gegen die Schifffahrt und am Rhein liegende Schiffe klagen.Wie die, die an einen Sportplatz ziehen, um sich dann über den Lärm eines Fußballspiel beklagen. Ich finde das krank. Das muss ich einfach so sagen. Ich finde das krank und gesamtgesellschaftlich untragbar und zerstörerisch.

Wenn es mir ein oder zweimal im Jahr zu laut wird, nehme ich für ein paar Stunden Ohropax und direkt danach, läuft’s wieder mit den Nachbarn. Gemeinschaft mit den Nachbarn ist mir wichtig. Kultur ist mir wichtig. Und wen man in Köln wohnt sollte man den Satz:“ Mer muss och jünne künne“, beherzigen.Das fördert die Freude am Leben.

Zum Schluß: Vielen Lieben Dank an die Organisatoren!

Ich möchte hier noch einmal die Gelegenheit nutzen und Hans Bott,Rudi Krapohl und Uwe Boysen, Jörg Dahmen,den ursprünglichen Initiatoren für die ersten 10 Jahre danken. Genauso ein Dankeschön bekommt der Verein Kultur in der Sackgasse, der Dorfgemeinschaft Weiß  und Ralf Perey, für endlosen Einsatz und viel Arbeit in den letzten 5 Jahren. Und es war jedesmal verdammt viel Arbeit. Stromkasten, Müll,Wasser,Toiletten,Künstlerbetreuung,Platzpläne für die Künstlerstellplätze,Verträge,Sponsoren finden,Strassensperrung,Genehmigungen,GEMA und was weiß ich nicht alles. 1 Fest erledigt und 1 Jahr Vorbereitung auf das Nächste.

Ihr könnt stolz sein und ihr werdet immer in der Erinnerung vieler Musiker und Künstler bleiben, weil Ihr uns 15 Jahre einen unvergesslichen Rahmen für ein tolles Fest, mit einem tollen Publikum beschert habt. Das war immer wie Weihnachten und Ostern auf einen, besser gesagt zwei Tage. Einfach genial! Und schade ist, das man Eure Liebe zur Sache nicht einfrieren und ausstellen kann wie einen Pokal. Ihr hättet es alle verdient!

Am Ende müssen wir uns alle Fragen was denn wichtiger ist: Ob 10 Lück Ihre Ruhe haben oder Weiß für zwei Tage zu einem Treffpunkt der Gemeinschaft wird. Wir müssen uns fragen, ob es am Ende nicht wichtiger wäre, sich gegen eine Minderheit durch zu setzen.

Wenn wir es nicht tun, so meine Prognose, stirbt nicht nur ein Kulturfest, sondern unsere Gemeinschaft. Der Rückzug hinter verschlossene Fenster und in eine ruhige virtuelle Welt, wird uns nicht glücklicher, sondern eher nur einsamer machen und am Ende kennt sich keiner mehr.

Und vielleicht hat ja einer den Mut, setzt sich hin, denkt nach und findet einen Weg uns alle, zumindest für zwei Tage, jenseits des alljährlichen Karneval,im September wieder auf die Straße zu locken.BitteDanke!

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Jazzie ist mein Nickname als Jazzmusiker. COLOZINE Magazin ist mein Blog. Beruflich bin ich Inhaber einer Internetagentur in Köln und Ostfriesland. Hier fröne ich meinen Hobbys. Ich liebe Smooth Jazz und die USA Jazz Musik Szene. Als Jazz Fan sehe ich Harmonie, nicht nur in der Musik, als unser allerhöchstes Gut an. Jazz-, Pop-, Hardrock- und Bluesmusik hat die Welt verändert und ist für mich unverzichtbar. Grund genug, durch die Welt zu surfen und Ausschau nach guten Music Acts und Musikern zu halten. Ich bin Fan des 1. FC Köln. Weitere Faibles gelten dem Motorsport, Tennis und Motorrad fahren. Ich bin ein Honda Freak und lasse mir gerne den Wind um die Nase wehen. Inzwischen habe ich meinen Lebensort an die Nordsee in Ostfriesland verlagert, weil ich mein Herz an ein Denkmal von Anno 1746 verloren habe. Bei Fragen oder Fehlangaben auf den Colozine Köln News Seiten hier die Kontaktmöglichkeit Jazzie (Reinhold Packeisen) oder Mail an info@koeln-news.com :-) Tel.+49 170 90 08 08 74