Künstliche Intelligenz – Haben Maschinen eine Seele?

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Künstliche Intelligenz Foto von Gerd Altmann auf Pixabay
Künstliche Intelligenz Foto von Gerd Altmann auf Pixabay

Köln – Ein junger Mann, den ich gut kenne und der eines Tages einmal Philosoph werden möchte, oder bereits schon einer ist, stellt in seiner Hausarbeit die Frage – Haben Maschinen eine Seele? – und erörtert dazu: Das Leib-Seele – Problem am Beispiel einer fortschrittlichen künstlichen Intelligenz.

Nun weil der junge Mann Teil meiner Familie ist möchte ich Euch selbstverständlich seine Gedanken nicht vorenthalten, denn sie sind ja Teil unseres Alltags und beschäftigen viele Menschen die mit dem Thema KI und Digitalisierung von Arbeit und Leben zu tun haben. Ich bin seinen Gedanken gerne gefolgt. Marius Mull (Junior) schreibt in seiner Hausarbeit wie folgt: Künstliche Intelligenzen werden immer mehr in unseren Alltag integriert, sie sollen Entscheidungen für uns treffen, wichtige Schlussfolgerungen ziehen und unmögliche Berechnungen möglich machen.

Sprachassistenten wie „Alexa“ gehören schon in unseren Alltag und übernehmen für die Menschen schon erste Dienstleistungen; gleichzeitig kann „Alexa“ auch bereits auf Ansprache reagieren und Antworten formulieren. Aber was können wir Menschen, was die künstliche Intelligenz nicht kann? Wo sind die Unterschiede zwischen „Alexa“ und einem echten Gesprächspartner? Werden diese Unterschiede zukünftig sukzessive nivelliert? Diese und ähnlich Fragen beschäftigen die Forschung und je weiter die Forschung an der künstlichen Intelligenz in die Zukunft rückt, desto mehr lernen wir gleichzeitig über unser Gehirn und unser Bewusstsein; und damit auch über die markanten und determinierenden Unterschiede zwischen Mensch und Maschine.

Haben Maschinen eine Seele?

Das Thema der vorliegenden Facharbeit lautet „haben Maschinen eine Seele?“. Diese Frage wird immer bedeutender, da viele Unsicherheiten im Raum stehen: Wollen wir zum Beispiel wirklich wichtige Entscheidungen von einem Computer treffen lassen, der kein Bild davon haben kann wie es ist ein Lebewesen mit Bewusstsein, mit Gefühlen, mit Instinkt und Reflektion zu sein? Die Tatsache, dass es künstliche Intelligenz gibt, setzt voraus, dass wir glauben, dass wir künstliches Bewusstsein erschaffen können. Außerdem glauben wir, dass wir dieses Bewusstsein, das von manchen als Seele (cf. Kapitel 3) bezeichnet wird, durch Maschinen wie zum Beispiel Computer errschaffen würden.

Eine künstliche Intelligenz mit einem Bewusstsein wie wir es haben, wird in dieser Arbeit als „allgemeine künstliche Intelligenz“ aufgefasst. Dies ist wichtig, da wir so zwischen Intelligenz mit Bewusstsein und Intelligenz ohne Bewusstsein unterscheiden können.

Die Tatsache, dass wir glauben wir könnten Bewusstsein durch Computer erzeugen, ist besonders interessant, da wenn man im Alltag über die Erschaffung von künstlicher Intelligenz spricht, die meisten Menschen an Sprachassistenten denken, wie zum Beispiel die oben bereits erwähnte Alexa. Doch sind diese noch weit von einer allgemeinen künstlichen Intelligenz entfernt. Erläutert wird dies in der vorliegenden Arbeit anhand einer fortschrittlichen artifiziellen Intelligenz (cf Kaptitel 2). Diese trägt den Namen GPT-3. Das Ziel dieser Arbeit wird es sein, herauszufinden, ob diese künstliche Intelligenz ein Bewusstsein haben oder entwickeln kann, um dann beurteilen zu können, ob wir von einer allgemeinen künstlichen Intelligenz sprechen können.

Erst wird die künstliche Intelligenz in ihren Grundzügen dargestellt, dann wird der Begriff der „Seele“ definiert, dieser steht stellvertretend für das menschliche Bewusstsein und zum Schluss wird systematisch abgehandelt, ob das Fallbeispiel ein Bewusstsein besitzt oder nicht. Außerdem wird dabei auf das Leib-Seele- Problem eingegangen.

Im Fazit der vorliegenden Arbeit wir aufgezeigt werden, dass moderne künstliche Intelligenzen noch weit weg sind von einer allgemeinen künstlichen Intelligenz, aber wir nicht ausschließen können, dass etwas eine Art Bewusstsein hat und entwickeln kann, welches aber grundverschieden ist von dem menschlichen.

GPT-3

In einem 2020 erschienen Artikel aus dem Blog „KI-Pedia“, erklärt Tina Nord, was GPT-3 ist. GPT-3 sei ein Sprachverarbeitungsmodell der amerikanischen Non-Profit- Organisation OpenAI. Es verwende „Deep-Learning“ um Texte zu erstellen, zusammenzufassen, zu vereinfachen oder zu übersetzen. Die Anwendungsmöglichkeiten seien vielseitig. Man könnte den Algorithmus beispielsweise ein Gedicht schreiben lassen oder aber auch ein Programm schreiben lassen, welches eine bestimmte Vorgabe haben soll. (vgl. WAS IST GPT-3 UND SPRICHT DAS MODELL DEUTSCH?, Tina Nord, 2020)

Beim Deep-Learning wird der künstlichen Intelligenz ein Datensatz gegeben, diesen soll dann die KI mithilfe von neuronalen Netzwerken analysieren. Beim Machine Learning erlernt die KI durch den Menschen eine spezifische Aufgabe. Danach trainiert diese das erlernte Wissen mit sich selbst und analysiert es. Das Deep Learning ist dem menschlichen Gehirn nachempfunden, bei dem die Intelligenz etwas wahrnimmt, es verarbeitet und daraus lernt. Beim Lernen werden dann öfter benutzte neuronale Stränge stärker ausgeprägt und nicht benutzte gelöscht. Somit ist die KI dazu fähig, durch ständiges Auswerten der Daten zu lernen. (vgl. Microsoft erklärt: Was ist Deep Learning? Definition & Funktionen von DL, Johanna Ronsdorf, 2020)

Beispielsweise hätte ich die künstliche Intelligenz dazu auffordern können, mir eine Facharbeit zum Thema „können künstliche Intelligenzen denken?“ anzufertigen. Mit den richtigen Informationen wäre dies wahrscheinlich gelungen, da  die Texte, die diese künstliche Intelligenz erzeugt, kaum von menschlichen Texten zu unterscheiden sind.

Dieser künstlichen Intelligenz ist es also möglich, Texte zu erzeugen, die nicht unterscheidbar sind von menschlichen Texten. Doch wenn, das, was sie produziert, nicht mehr von dem, was ein Mensch produziert unterscheidbar ist, was macht dann noch den Unterschied zu einem Menschen beziehungsweise einer allgemeinen künstlichen Intelligenz aus?

Diese Frage wird später (cf Kaptiel 5) noch einmal aufgegriffen. Für den weiteren Verlauf der Arbeit ist es erst mal wichtig den Begriff der „Seele“ zu erklären, denn dies ist es letztendlich, was eine allgemeine künstliche Intelligenz ausmacht.

 Wie man „Seele“ erklärt.

Für diese Arbeit wird der Begriff „Seele“ repräsentativ, für das Konstrukt des menschlichen Bewusstseins verwendet, daher muss der Begriff für diese Arbeit begrifflich abgegrenzt werden. Dies ist wichtig um Missverständnisse zu vermeiden. Unter den Begriff Seele fallen viele Bedeutungen. Es gibt mythische, religiöse, philosophische und psychologische Ansichten. Diese folgende Aussage von Searle schließt mythologische und religiöse Ansichten aus.

„Jedes geistige Phänomen – ob bewusst oder unbewusst, visuell oder auditiv, Schmerzen, Kitzel, Jucken, Gedanken, ja tatsächlich die Gesamtheit unseres geistigen Lebens – ist von Vorgängen im Hirn verursacht „(vgl. John R. Searle, Geist, Hirn und Wissenschaft, 1984, S. 17)  Durch dieses Zitat wird der Begriff der „geistigen Phänomene“ eingeführt und definiert. Diese sind nämlich die Gesamtheit unseres geistigen Lebens (vgl. John R. ebd. 1984, S. 17).

Weiterhin wird durch dieses Zitat deutlich, dass es ohne ein Hirn, auch kein Bewusstsein geben kann. Dies schließt jeglichen Begriff einer Seele ohne Körper aus. Jedoch ist Seele trotzdem inmateriell, denn sonst könnte man sie anfassen, daher muss Seele eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns sein.

„Schmerzen und andere geistige Phänomene sind nichts anderes als Eigenschaften des Gehirns“ (vgl. John R. ebd. 1984, S. 19).

Die Tatsache, dass geistige Phänomene Eigenschaften des menschlichen Gehirns sind, wird später (cf Kapitel 4.4.1)nochmal aufgegriffen, jedoch wurde der Begriff der „Seele“ noch nicht erklärt.

Wie man „Seele“ mit „Bewusstsein“ erklärt

„Seele“ sind nicht nur alle geistigen Phänomene, zur Seele gehört auch, dass man diese bewusst erfährt.  „Bewusstsein (lat. conscientia: Mitwissen, bei Sinnen sein, denken) ist i.w.S. die erfahrbare Existenz geistiger Zustände und Prozesse.“ (vgl. Helmut Siller, Gabler Wirtschaftslexikon: Bewusstsein)

Daraus folgt, dass Bewusstsein das Erleben geistiger Phänomene ist. Dieses Erleben der geistigen Phänomene ist das, was in dieser Arbeit der „Seele“ gleicht.

„Seele“ ist also eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns, die es möglich macht, geistige Phänomene bewusst zu Erleben. Außerdem ist es nicht möglich, eine Seele zu besitzen ohne, dass man etwas besitzt, dass es auslöst. Sei es ein Gehirn oder eine Maschine. Im folgenden Kapitel wird nun die Frage aufgegriffen und erklärt, wie es sein kann, dass „Seele“ eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns ist und wie diese Eigenschaft wiederum Auswirkungen auf die Umgebung haben kann.

Zunächst wird dafür ein grundlegender Einblick in das Leib-Seele-Problem gegeben und anschließend wird versucht, eine Lösung für den Umstand zu entwickeln, dass die Seele als Eigenschaft keine Auswirkungen auf die Umwelt haben kann.

Leib-Seele-Problem

Das Leib-Seele-Problem entstand aus der Frage, über was wir uns wirklich sicher sein können. Es kommt daher, dass wir uns, wenn wir Aussagen über unsere Welt treffen wollen, auf unsere Erfahrungen von dieser Welt stützen wollen. Doch könnten all unsere Erfahrungen einer riesigen Täuschung gleichen. Weiterführend stellte man sich auch die Frage, wie wir uns darüber sicher sein können, dass jemand überhaupt ein Bewusstsein besitzt; denn unsere einzige Grundlage für Aussagen darüber sind unsere Beobachtungen von anderen.

Wir können in keinster Weise direkt wahrnehmen wie es ist, jemand anderes zu sein. Wir Menschen hegen also grundsätzlich eine gewisse Skepsis gegenüber unserer Wahrnehmung. Diese beiden Formen werden nun näher erläutert.

Gibt es die Welt?

Nagel ist ein amerikanischer Philosoph, der 1990 das Buch „What does it all mean?“ schrieb, das unter vielen Philosophen heute sehr anerkannt ist. Es liefert wichtige Erkenntnisse für die Beantwortung der Frage. Nagel stellt in seinem Buch im Kapitel „Woher wissen wir etwas?“ fest, dass es zwecklos sei, dass wenn wir herausfinden wollten, was außerhalb unseres Bewusstseins ist, wir uns auf die Dinge in unserem Bewusstsein stützen würden. (vgl. Nagel, Was bedeutet das alles?, 1987, S. 10)

Es ist zwecklos da alles, was wir wahrnehmen einer Täuschung gleichen könnte. Wir können nicht beweisen, dass es nicht so ist. Da eben all die Dinge, mit denen wir beweisen wollen, dass es eine Außenwelt gibt, von dieser Außenwelt, die eine Täuschung sein könnte, stammen. Dadurch, dass alles, was wir wahrnehmen ebenfalls genauso gut eine Täuschung sein könnte, können wir überhaupt nichts wissen.

„Wenn man recht darüber nachdenkt, so kann man sich nur über das Innere seines eigenen Bewusstseins ganz sicher sein.“ (Nagel, ebd. 1987, S. 9)

Die einzige Möglichkeit dieses Problem aus dem Weg zu räumen ist es, es zu ignorieren und sich dessen Folgen bewusst zu sein; das heißt zu wissen, dass das Einzige was es gibt vielleicht das eigene Bewusstsein ist.

Gibt es anderes Bewusstsein?

Die andere Skepsis, die Nagel in seinem Buch beschreibt, ist die Skepsis gegenüber anderem Bewusstsein, also die Frage, ob es überhaupt anderes Bewusstsein gibt. Diese Skepsis ergibt sich daraus, dass wir uns nur vorstellen können, wie es ist  jemand anderes zu sein, anhand dessen wie sich diese Person verhält. Wir haben keinen direkten Zugang zu seinen Gedanken und Gefühlen. Wir können also, das Bewusstsein eines anderen nicht, auf direktem Weg erfahren. Wir können uns nur einerseits den Aufbau des Gehirns anschauen und andererseits das Verhalten der anderen Person.

„Nichts von alledem macht uns jedoch seine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle direkt zugänglich. Die einzigen Erlebnisse, die wir haben können, sind unsere eigenen.“ (Nagel, ebd. 1987, S. 18)

Außerdem sagt Nagel, dass die einzige Korrelation zwischen Bewusstsein, Verhalten, Anatomie und äußeren physischen Umständen, die wir erfahren konnten, bei uns selbst sei. (Nagel, ebd. 1987, S. 19) Damit möchte Nagel sagen, dass selbst wenn das Verhalten von anderen unserem ähnelt, wir uns nicht sicher sein können, ob diese Bewusstseins Zustände genau gleich sind wie unsere. Wenn man beispielsweise in einen sauren Apfel beißt, so kann sich diese Wahrnehmung von „sauer“ von einem Menschen zum anderen grundlegend unterscheiden.

„Und aus dem gleichen Grunde ist es in jedem beliebigen anderen Fall unmöglich, das Nichtvorhandensein von Erlebnissen zu beobachten, und folglich das Nichtbestehen irgendwelcher Korrelationen dieser Art. Man kann ebenso wenig, indem man in ihn hineinsieht, feststellen, dass ein Baum keine Erlebnisse hat, wie man festellen kann, dass ein Wurm Erlebnisse hat, indem sich sein Inneres ansieht.“ (Nagel, ebd. 1987, S. 23)

Das heißt, dass es keine Möglichkeit gibt festzustellen ob ein Gegenstand, eine Maschine, ein Tier oder ein Mensch überhaupt ein Bewusstsein hat. Daher wird diese Tatsache auch ignoriert und die Frage gestellt, wie unsere Seele auf die Umwelt Auswirkungen haben kann, wenn diese nur eine Eigenschaft des Gehirns sei. Nagels beide Kapitel über den Skeptizismus beruhen zum Teil auf Descartes Annahme, dass der Geist, also die Seele, das einzige sei, was existiert und diese vom Körper getrennt sein musste.

Doch stellte sich daraus die Frage, wie die Außenwelt auf das Gehirn wirken konnte. Wie kommen die physikalischen Empfindungen und Reize wie Schmerzen in die Seele hinein. Für Julien de LaMettrie war klar, dass es eine Erklärung dafür geben muss, daher entwickelte er den Materialismus.

Materialismus

Julien de La Mettrie entwickelte um 1747 herum die Ansicht, es gebe nur materielle Dinge im Universum und geistige Phänomene seien in Wirklichkeit materiellen Ursprungs. La Mettrie vergleicht den menschlichen Körper mit einer Maschine, die durch chemische und physikalische Reaktionen funktioniert. Er beschreibt diese Maschine als ein Zusammenspiel von ganz verschiedenen Materie-zuständen, die so die Seele verursachen würden. Denn für La Mettrie gibt es aber keinen Zustand der Materie, der wie die Seele unkörperlich ist.

So konnte La Mettrie erklären, wie ein äußerlicher Reiz wie zum Beispiel ein Schmerz, einen Einfluss auf uns haben kann. La Mettrie kommt zu dieser Schlussfolgerung, da die „Fähigkeiten der Seele“ offensichtlich vom Bau des Gehirns und dem Körper abhängen würden.

Ferner ging er davon aus, dass das Gehirn die Seele verursache. Unsere Seele sei also nichts weiter als ein, von einer Maschine mit dem Namen „Gehirn“ verursachter, Geisteszustand. (vgl. Julien O. De La Mettrie, L ́homme maschine / Die Maschine Mensch. Französisch/Deutsch. Übersetzt u. Hrsg. v. Claudia Becker. Meiner: Hamburg 1990, S. 35, 95 ff., 107-111, 125, 137)

Demnach muss die Seele also durch etwas verursacht werden. Der Materialismus erklärt, wie Empfindungen, wie zum Beispiel Schmerz, in unsere Seele kommen. Doch wie kann die Seele, wenn sie vollständig aus Materie besteht oder daraus verursacht wird, Eigenschaften haben, wie zum Beispiel Erfahrungen und Erlebnisse.

Das nächste Kapitel wird sich daher mit dieser Frage beschäftigen und einen möglichen Lösungsansatz für das Problem liefern, wie die Seele, verursacht vom Gehirn, auf die Umwelt einwirken kann.

Nagels und Searle ́s Psychophysik

Nagel entwickelte hierzu ein Gedankenexperiment, welches wichtige Erkenntnisse liefert für die Kernfrage der vorliegenden Facharbeit. In diesem Experiment wird nämlich klar, dass geistige Phänomene nicht durch physikalische Reaktionen beschreibbar sind und außerdem, dass es eine andere Erklärung dafür geben muss.

Nagels Gedankenexperiment

In Nagels Gedankenexperiment, bei dem eine Person ein Stück Schokolade isst und dies bei derselben Person im Gehirn den Geschmack von Schokolade auslöst, stellt Nagel fest, dass ein Wissenschaftler, der das Gehirn dieser Person auf das genaueste untersuchen würde, zwar feststellen könnte was im Gehirn der Person passiert, wenn diese ein Stück Schokolade isst, jedoch nicht wie es sich anfühlt für diese Person ein Stück Schokolade zu essen. (vgl. Nagel, ebd. S. 26 f.)

„Der Physikalist glaubt, dass außer der naturwissenschaftlich erforschbaren physikalischen Welt nichts existiert: Es gibt nur die Welt der objektiven Wirklichkeit. In diesem Falle jedoch muss er in einer solchen Welt irgendwie Platz für Gefühle, Wünsche, Gedanken und Erlebnisse – für dich und für mich – ausfindig machen.“ (vgl. Nagel, ebd. S. 31)

Nagel ist der Ansicht, dass geistige Phänomene nicht durch die Summe der verursachenden physikalischen Reaktionen erklärbar seien. Es müsse eine psychische Wirklichkeit geben, in der Dinge sich auf eine Art und Weisen erleben und anfühlen lassen. (vgl. Nagel, ebd. S.32)

Das nehmen wir uns zu Herzen und lernen daraus, dass wenn wir wissen wollen ob GPT-3 ein Bewusstsein hat, wir nicht auf die Abläufe im neuronalen Netzwerk oder die physikalischen Reaktionen, beziehungsweise auf die Algorithmen schauen dürfen. Das einzige, was dafür verantwortlich sein kann, dass ein System ein Bewusstsein haben kann ist also die Beschaffenheit des Systems selbst. Offen bleibt hier die Frage, wie diese psychische Wirklichkeit Auswirkungen auf das Gehirn haben kann.

Das Problem der geistigen Verursachung

John R. Searle schrieb 1986 das Buch „Geist, Hirn und Wissenschaft“, anlässlich der Reith-Vorlesungen. In diesem Buch stellt er das Leib-Seele- Problem sehr anschaulich dar und verdeutlicht dieses Problem folgendermaßen: „Sollen wir annehmen, dass unsere Gedanken und Gefühle irgendwie chemische Wirkungen auf unser Hirn und das restliche Nervensystem hervorbringen?“ (vgl. John R. Searle, Geist, Hirn und Wissenschaft, 1984, S. 16)

Diese Frage beantwortet er dann am Ende seines Kapitels zum Thema Leib- Seele-Problem. Searle beantwortet die Frage folgendermaßen:

„Wenn jemand einen Gedanken hat, dann spielen sich tatsächlich Hirnaktivitäten ab. Hirnaktivitäten verursachen mittels physiologischer Prozesse Körperbewegungen. Weil nun Geisteszustände Eigenschaften des Hirns sind, gibt es für sie zwei Ebenen der Beschreibung“ (vgl. John R. ebd. 1984, S. 16)

Searle beschreibt den Vorgang der Verursachung also auf zwei verschiedenen Ebenen: Eine höhere Ebene, die durch Geistiges beschrieben sei. Auf dieser Ebene werden durch Gedanken beispielsweise Muskelkontraktionen durchgeführt. Dies ist die Ebene der Eigenschaften, das bedeutet man findet hier die geistigen Ereignisse als Eigenschaften wieder. (vgl. John R. ebd. 1984, S. 25) Dann beschreibt Searle die andere Ebene: auf dieser niedrigeren Ebene werden die Eigenschaften des Systems auf physiologische Weise beschrieben.

„Festigkeit ist eine wirkliche kausale Eigenschaft des Hammers. Doch ist die Festigkeit selbst vom Verhalten der Teilchen auf der Mikroebene verursacht und in dem System realisiert, das aus den Mikrobestandteilen besteht.“ (vgl. John R. ebd. 1984, S. 25)

Er fasst dies zusammen und erklärt am Beispiel des Bewusstseins, welches eine Eigenschaft des Gehirns sei. Auf der höheren Ebene verursache die Absicht den Arm zu bewegen, dass sich der Arm bewege. Auf der niedrigeren Ebene der Beschreibung löse eine Salve neuronalen Feuerns eine Ereigniskette aus, die schließlich zu einer Muskelkontraktion führt. (vgl. John R. ebd. 1984, S. 25)

Zusammenfassend kann man festhalten, dass wir uns über nichts sicher sein können, außer über unsere eigene Seele. Außerdem wird die Seele durch Vorgänge im Gehirn verursacht. Gleichzeitig ist sie eine Eigenschaft des Gehirns. Mit dieser Erkenntnis stellt sich nun die Frage ob die Mikrobestandteile des Computers ausreichen um ein Bewusstsein zu erzeugen. Die nächsten beiden Kapitel werden sich hauptsächlich der Beantwortung dieser Frage aber auch der in Kapitel zwei offen gelassenen Frage widmen, ob wir aus den Antworten der künstlichen Intelligenz auf ein menschliches Bewusstsein schließen können.

Schwache und starke Intelligenz

John Searle entwickelte ein Gedankenexperiment um zu zeigen, dass Computer niemals dazu fähig sein könnten, durch simple Ausführung eines Programms, ein Bewusstsein beziehungsweise die Fähigkeit zu erlangen, Dinge zu verstehen.

Searle sieht den Hauptunterschied zwischen digitalen Computern und Menschen darin, dass „geistige Vorgänge“ und „Programmvorgänge“ nicht identisch seien. (vgl. John R. Searle, Geist, Hirn und Wissenschaft S. 30 f.) Er behauptet, dass Computer niemals einen Geist haben könnten, da sie keine Semantik1 besäßen. (vgl. John R. Searle, ebd. S. 30 f.) Um dies zu veranschaulichen hat er ein Gedankenexperiment entwickelt, indem ein Mensch, der kein Chinesisch versteht, in einem Zimmer eingesperrt sei.

Er bekommt Abfolgen von chinesischen Schriftzeichen hereingereicht und soll diese dann mithilfe von Regelbüchern, in denen perfekt erklärt wird, was er zu tun hätte, in neue Abfolgen umwandeln. Die Menschen, außerhalb des Raum, bezeichnen Abfolgen die hereinkommen als Fragen und die, die herausgegeben werden als Antworten. Die Antworten, die herauskämen, würden sich nicht von den Antworten eines chinesischen Muttersprachlers unterscheiden. (vgl. John R. ebd. S. 30 f.) Dies ist so ähnlich wie bei der künstlichen Intelligenz GPT-3 bei der sich die Antworten kaum von den eines echten Menschen unterscheiden.

Der Mensch der in dem Zimmer die Zeichen nach dem chinesischen Regelbuch sortiert, ist wie ein Computer, der Zahlenabfolgen mithilfe von Algorithmen in neue Zahlenabfolgen umwandelt. So wie der Mensch aber niemals Chinesisch verstehen wird, so wird auch der Computer niemals verstehen können, was die Zahlenabfolgen bedeuten.

John Searle hat mit diesem Gedankenexperiment, eine wichtige Abgrenzung zwischen starker und schwacher künstlicher Intelligenz getroffen. (vgl. John Searle: Ist der menschliche Geist ein Computerprogramm? In: Spektrum der Wissenschaft. Sonderheft 11: Ultrarechner, Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft, 1991, S.92 u. 94) Schwache künstliche Intelligenz sei jene meint den Zusammenhang zwischen einem Zeichen und einem Gedanken, also eine Bedeutung künstliche Intelligenz die nach ihren Algorithmen perfektes menschliches Verhalten simulieren könne. Starke künstliche Intelligenz könne allerdings nicht nur perfekt Chinesisch sprechen, sie könnte dazu noch perfekt Chinesisch verstehen. (vgl. Searle, ebd. S.92 u. 94)

Ein Mensch beispielsweise sieht ein Ausrufezeichen. Er verbindet dieses Zeichen mit einem Gedanken. In diesem Fall Gefahr. Dies tut er, da er das Zeichen in der Vergangenheit gesehen hat, in Kombination mit einer Gefahr.

Ein Computer hingegen kann dieses Zeichen nicht mit dem Gedanken an Gefahr verbinden. Dies liegt daran, dass er nicht von selbst wissen kann, was Gefahr ist. Er muss dies erst erfahren.

Dies bedeutet – in Anlehnung an das Experiment mit der chinesischen Sprache – für den Computer, dass er nicht von sich aus zu einem Verständnis von Chinesisch gelangen kann, da er es nicht selbst erfahren kann. Das heißt wir müssen den Computer mit etwas ersetzen, das schon ein Verständnis von chinesisch hat, beziehungsweise etwas das schon Erfahrung hat.

Dies wäre dann so, als ob man die Person in dem Zimmer mit einem chinesischen Muttersprachler austauscht. Das Problem an der Sache ist nur, dass es jetzt kein künstliches Verständnis mehr ist.

In diesem Gedankenexperiment wird deutlich, dass der Fokus nicht auf den Antworten der Maschine liegen darf. Die Frage kann sich alleine im Aufbau der künstlichen Intelligenz beantworten. Daher wird sich das nächste Kapitel um den wesentlichen Unterschied zwischen einem Computer und einem menschlichen Gehirn drehen.

Der Wesentliche unterschied zwischen einem Computer und einem Menschen

Die Grundlage von GPT-3 ist ein neuronales Netzwerk, das dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist. Wenn also das menschliche Gehirn bewusst werden kann, wieso dann nicht auch eine Maschine? Thomas Fuchs hat in seinem Buch „Verteidigung des Menschen“ dargestellt, warum Menschen keine Computer sind. Dementsprechend kann auch kein Computer so sein wie ein Mensch.

Thomas Fuchs räumt 4 Irrtümer ein. Der erste sei, dass die Unterscheidung von „Hardware“ und „Software“, wie beim Computer, beim Menschen nicht möglich sei. Dies komme daher, dass das Gehirn nichts „speichern“ würde. Die Festplatte  eines Computers sehe zu jedem Moment gleich aus, es sei denn, man verändere sie.

Das Gehirn wiederum strukturiere sich in jedem Moment neu. Der zweite Irrtum sei, dass man glaube im Gehirn geschehen Reaktionen immer gleich. In Wahrheiten würde sich kein Prozess wie beim Computer wiederholen.

Dritter Irrtum sei die vergessene parallele Prozessverarbeitung im Gehirn.

Der vierte und letzte Irrtum sei, dass die Signalübertragung im Gehirn prinzipiell anders funktioniert. Das Gehirn könne nicht nur „senden“ oder „nicht senden“, es könne auch schwächer oder stärker senden.

Das „senden“ oder „nicht senden“ repräsentiere die „1“ und „0“ beim Computer. Durch weitere Arten von Signalübertragungen entstünden weit aus variations- reichere Möglichkeiten der Signalübertragung. (vgl. Thomas Fuchs: Verteidigung des Menschen, 2020, S. 39)

Ist GPT-3 eine allgemeine künstliche Intelligenz?

Zunächst wurde in der vorliegenden Arbeit dargestellt, dass wir uns nicht nur den Output von GPT-3 anschauen dürfen, denn alleine die Tatsache, dass GPT-3 Dinge erzeugt, die nicht unterscheidbar sind, von denen eines Menschen, heißt das noch lange nicht, dass die künstliche Intelligenz ein Bewusstsein besitzt.

Anschließend setzte sich die vorliegende Arbeit mit der Tatsache auseinander, ob wir unsere Antworten in den Algorithmen finden aus denen GPT-3 besteht, aber auch hier hat sich ergeben, dass Bewusstsein etwas ist, das zwar aus physikalischen Reaktionen hervorgeht, allerdings nicht durch sie beschreibbar wird. Hier wurde deutlich, dass wenn wir herausfinden wollen, ob etwas Bewusstsein hat, wir auf das Prinzip schauen müssen.

Aus Thomas Fuchs Argumentation haben wurde geschlussfolgert, dass Computer die neuronalen Zustände der Menschen nicht nachstellen können, da diese grundverschieden sind. Ein Computer funktioniert nicht so wie ein Gehirn. Wir glauben, wir könnten mithilfe von Computern unser Gehirn „simulieren“ und so ein Bewusstsein erzeugen. Doch kommen Computer hier an ihre Grenzen. Dies bedeutet, dass selbst einmal, wenn Bewusstsein nur ein physikalischer Zustand ist, künstliche Intelligenzen wie GPT-3 kein Bewusstsein erlangen können, wenn sie versuchen ein menschliches Bewusstsein zu erzeugen, da ihre Rechenprozesse fundamental anders funktionieren, als die eines Menschen.

Doch zwei Sachverhalte sind weiterhin nicht ausgeschlossen und schwer zu wiederlegen, erstens, dass unbelebte Dinge Bewusstsein haben könnten oder eben  auch Dinge die für uns so wirken als hätten sie Bewusstsein, eigentlich keins haben und zweitens, dass Computeralgorithmen Bewusstsein erzeugen könnten.

Es muss nicht heißen, dass dies zwingend so ist, aber wir können es auch nicht ausschließen. Denn wir wissen noch nicht wie Bewusstsein erzeugt wird. GPT-3 könnte also eine andere Form von Bewusstsein entwickeln, die wir noch gar nicht verstehen können und wenn wir dazu in der Lage wären, es zu empfinden, dann würde es sich vielleicht wie etwas völlig Anderes oder Neues anfühlen.

Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass GPT-3 kein Bewusstsein entwickeln kann, denn ein Computer befolgt Programme, die es der künstlichen Intelligenz unmöglich machen, zu Verstehen, was die Fragen bedeuten, die wir der künstlichen Intelligenz stellen.

Der Fundamentale Unterschied zwischen Mensch und Computer

Außerdem ist der Aufbau von Computern grundlegend anders als der von Menschen, daher gibt es einen fundamentalen Unterschied zwischen Mensch und Computer, der es der künstlichen Intelligenz ebenfalls unmöglich macht eine Seele zu entwickeln.

Unabhängig von den Leistungen der Intelligenz bleibt das Problem der Seele bestehen.

Ausgehend von den Recherchen und Ergebnissen der vorliegenden Arbeit hat künstliche Intelligenz keine Seele und wird daher auch nicht der menschlichen Intelligenz, die sich eben auch aus Bewusstsein, Empathie, Reflektionsvermögen und Erfahrung speist, gleichkommen. Um eine allgemeine künstliche Intelligenz zu erschaffen, darf diese nicht von einem Computerprogramm realisiert sein. Um eine künstliche Intelligenz mit Bewusstseinszuständen zu erzeugen bräuchte man etwas, dass dem menschlichen Gehirn gleichkommt.

Literaturverzeichnis

Primärliteratur:
Nagel, T. (1987): Was bedeutet das alles?. Searle, J. (1984): Geist, Hirn und Wissenschaft. Fuchs, T. (2020): Verteidigung des Menschen.

Sekundärliteratur:

Nord, T. (2020): WAS IST GPT-3 UND SPRICHT DAS MODELL DEUTSCH?.

https://www.lernen-wie-maschinen.ai/ki-pedia/was-ist-gpt-3-und-spricht-das-modell- deutsch/

Ronsdorf, J (2020): Microsoft erklärt: Was ist Deep Learning? Definition & Funktionen von DL: https://news.microsoft.com/de-de/microsoft-erklaert-was-ist-deep-learning-definition- funktionen-von-dl/

 

O. De La Mettrie, J. (1990): L ́homme maschine / Die Maschine Mensch. Französisch/Deutsch. Übersetzt u. Hrsg. v. Claudia Becker. Meiner: Hamburg. S. 35, 95 ff., 107-111, 125, 137.

Zugänge zur Philosophie, (2016): S.70.

Searle, J. (1991): Ist der menschliche Geist ein Computerprogramm? In: Spektrum der Wissenschaft. Sonderheft 11: Ultrarechner, Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft. S.92 u. S. 94.

Allgemeine Nachschlagewerke:
Siller, H.: Gabler Wirtschaftslexikon: Bewusstsein

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/bewusstsein-53394

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Jazzie ist mein Nickname als Jazzmusiker. COLOZINE Magazin ist mein Blog. Beruflich bin ich Inhaber einer Internetagentur in Köln und Ostfriesland. Hier fröne ich meinen Hobbys. Ich liebe Smooth Jazz und die USA Jazz Musik Szene. Als Jazz Fan sehe ich Harmonie, nicht nur in der Musik, als unser allerhöchstes Gut an. Jazz-, Pop-, Hardrock- und Bluesmusik hat die Welt verändert und ist für mich unverzichtbar. Grund genug, durch die Welt zu surfen und Ausschau nach guten Music Acts und Musikern zu halten. Ich bin Fan des 1. FC Köln. Weitere Faibles gelten dem Motorsport, Tennis und Motorrad fahren. Ich bin ein Honda Freak und lasse mir gerne den Wind um die Nase wehen. Inzwischen habe ich meinen Lebensort an die Nordsee in Ostfriesland verlagert, weil ich mein Herz an ein Denkmal von Anno 1746 verloren habe. Bei Fragen oder Fehlangaben auf den Colozine Köln News Seiten hier die Kontaktmöglichkeit Jazzie (Reinhold Packeisen) oder Mail an info@koeln-news.com :-) Tel.+49 170 90 08 08 74