Köln – Was für ein Spiel, was für ein Abend! Als Luca Waldschmidt in der letzten Minute den Ball zum 3:0-Sieg gegen Holstein Kiel in die Maschen schießt, explodiert das Stadion und ich konnte fast nicht glauben, was ich sehe. Nach den letzten, doch recht deprimierenden Partien hat der 1. FC Köln an diesem Abend alles richtig gemacht und gezeigt, was in ihm steckt.

Schon bei der Mannschaftsaufstellung habe ich nicht zu viel erwartet – vielleicht ein knappes Spiel, wenn es gut läuft. Doch von Resignation war unter den Fans im Stadion nichts zu spüren. Die Süd- und Nordkurve waren voller Energie, die Fans sangen „Come on Effzeh“ lauter als seit langem. Gänsehaut pur. Das ganze Stadion schien nur darauf zu warten, dass die Mannschaft die Kritiker endlich verstummen lässt.

Und dann ging’s los! Mit einer mutigen Dreierkette und Marvin Schwäbe im Tor wagte Struber endlich frische Impulse. Und was soll man sagen – es funktionierte perfekt. Bereits in der achten Minute brachte Leart Pacarada den Ball per Flanke punktgenau zu Tim Lemperle, der ihn ins Netz köpfte. 1:0! Ein Tor zum Niederknien, eine Ansage gleich zu Beginn.

1. FC Köln geht mit einer 1:0-Führung in die Pause

Holstein Kiel versuchte sofort zu reagieren und übte mehr Druck aus, aber die Kölner Verteidigung blieb ruhig und konzentriert. Schwäbe dirigierte seine Mannschaft souverän und die Defensive hielt stand. Einen Fernschuss von Finn Porath wehrt er ab(14.) und auch eine gefährliche Aktion von Steven Skrzybski klärt die gut formierte FC Abwehr (19.) Ansonsten finden die Holsteiner kaum einen Weg in den Kölner Strafraum. Ok,kompakt klappt, denke ich. Doch was wird in der zweiten Hälfte passieren? Besser wäre es, jetzt sofort abzupfeifen.

Waldschmidt mit Doppelpack

Kiel kam mit einem neuen Ansatz aus der Kabine, um den Ausgleich zu machen. Auch wenn das teilweise nicht ganz souverän aussah, versuchten die Geißböcke das Spiel gegen den Druck in die Hand zu nehmen. Es kam Kampfgeist und Leidenschaft auf das Kölner Grün. Die Geißböcke gingen in die Zweikämpfe, wie man es lange nicht mehr gesehen hat. Manchmal gingen drei FC-Spieler auf den Mann und auch in der Mitte kämpfen Husainbasic, Thielmann und Martel intensiv um jeden Ball.

Mein „man of the match“ war Tim Lemperle. Was der an Laufarbeit und Einsatz auch nach hinten geleistet hat, war fast unglaublich. Selbstverständlich muss auch erwähnt werden, dass Dominik Heintz gestern einen seiner besten Tage hatte.

Kiels Trainer Rapp wechselte eifrig, um mehr Druck aufzubauen, doch die Geißböcke verteidigten sehr diszipliniert. Auch Struber wechselt und bringt Waldschmidt für Dejo, der heute wieder an alte Tage anknüpfte, aber auch geschafft war. Ihr könnt euch meine Miene bei diesem Wechsel sicher vorstellen. Erst mal Früh-Kölsch holen, weil an der Stelle, wollte ich das Spiel eigentlich schon abhaken. Frei nach dem Motto, wenn der jetzt kütt dann war es das.

Dann hatte Köln mächtig Glück. Shuto Machino trifft die Latte neben der Hand von Schwäbe in der 82. Minute. Das war letztlich die größte Torchance der Kieler. Jetzt war für mich die Zeit für Beten angesagt, verbunden mit der Hoffnung, ob die Geißböcke die Führung über die Runden bekommen. Doch Holstein Kiel gelingt es nicht, den Kölner Defensivblock zu Fehlern zu zwingen.

Dagegen sprintet Linton Maina und sein Pass landet bei Luca Waldschmidt, der den Ball aus rund 16 Metern zum 2:0 im linken oberen Eck platziert (87.). Wow. Was für ein feines Tor. Ich denke, ich werde nie wieder was gegen Waldschmidt sagen.

Nun konnte ja kaum mehr etwas anbrennen. Doch es gibt 6 Minuten Nachspielzeit und Kiel kommt. Und ihr wisst ja, wie sich das anfühlt. Es ist der 1. FC Köln und da kann alles passieren. Doch heute gehen alle Struber Pläne auf. Ich sehe einen wunderschönen Konter und Luca haut das Ding zum 3:0 Endstand in die Kieler Maschen(97.).

Fazit: Wie war das möglich? Letzte Woche noch in Darmstadt verzweifelt, heute das Bild einer Mannschaft, die um jeden Meter fightet und als Einheit spielt. Jeder Spieler wirkte wie ausgewechselt, Kommandos flogen auf dem Feld, und Schwäbe war eine ruhige, aber energische Führungskraft im Tor. Es war ein Abend voller Leidenschaft, Teamgeist und mit einem Hauch von Magie. Ein Sieg, der Hoffnung macht. Diese Mannschaft und das Zusammenspiel fühlte sich auf jeden Fall 100 % besser an.

Immerhin geht es am Samstag wieder in ein Pflichtspiel und ich freue mich wenn es gegen Herta BSC in Berlin wieder heißt: Come on Effzeh!

Die Stimmen zum Rasenevent in Müngersdorf

Tim Lempere Torschütze: „Es ist immer schön, ein Tor zu schießen – gerade hier zu Hause. In erster Linie haben wir heute aber als Team super agiert. Mit den letzten beiden Spielen im Rücken, die nicht so gut waren, war es heute eine extrem gute Mannschaftsleistung. Wir sind bei langen Bällen besser in die Zweikämpfe gekommen und haben mental in den Zweikämpfen ein anderes Gesicht gezeigt. Das ist der erste Schritt für uns. Wir sind über Mentalität und Zweikämpfe ins Spiel gekommen.“

Gerhard Struber: „Es war ein verdienter Sieg, wir haben uns ab der ersten Minute gut ins Spiel reingearbeitet. Wir hatten einen guten Zugriff aufs Spiel, haben wenig zugelassen und waren nach vorne zielstrebig. Wir waren in den vergangenen Tagen sehr konzentriert in der Vorbereitung, wir sind in unserem Kreis sehr klar und sachlich geblieben. Unsere Jungs haben das heute sehr gut hinbekommen.“

So standen die Teams auf dem Müngersdorfer Grün

Holstein Kiel: Weiner – Ivezic, Geschwill, Erras – Becker, Gigovic, Schulz, Porath – Skrzybski – Machino, Harres

1. FC Köln: Schwäbe – Pauli, Hübers, Heintz – Thielmann, Huseinbasic, Martel, Paqarada, Ljubicic – Lemperle, Maina