Köln- Gestern Abend in der Comedia zu Köln. Dank der Großzügigkeit der Sponsoren, die am Umbau der alten Feuerwache in der Kölner Südstadt beteiligt waren und Dank eines Geburtstagsgeschenkes, hatte ich das große Glück, einen ganz besonderen Abend zu erleben. Das neue Kölner Comedia Theater kann man als gelungenen Schmiss bezeichnen. So an die dreihundert oder mehr Gäste füllten das Theater und trotz der Größe entsteht, wenn das Licht ausgeht, eher eine heimelige Club Atmosphäre.
Bekannt war mir Jürgen Becker durch die Mitternachtsspitzen im TV. Doch was diese Sendung angeht oute ich mich ja als absoluter Schmickler Fan.
Deshalb saß ich relaxt und ohne jegliche Vorstellung über den Ablauf des Abends in der vierten Reihe.
Relaxt kam auch Herr Becker auf die Bühne. Bescheiden und leise. Sinnlich, Sinnhaftig. Ehrlich und leidenschaftlich. Zwei Stunden lang und mehr.Stellte meine religiöse Weltanschauung auf den Kopf. Brachte mich zum nachdenken. Wahrhaftig und unglaublich.
Welche Macht hat Religion? Jürgen Becker hat sich die Mythen der Welt vorgenommen. Auf den kabarettistischen Seziertisch gelegt.
Exemplarische Überreste bringt er mit auf die Bühne. Der Schädel von Friedrich Schiller drapiert mit einer Narrenkappe.
Was zum Vorschein kommt? Ich bin platt! Das Gefühl hielt bis spät in die Nacht noch an. Kräftig rührt Kabarettist Becker in der mythischen Ur- Suppe der Weltreligionen. Die drei, so Beckers Bezeichnung Wüstenreligionen, Islam, Juden- und Christentum werden mit seinem rheinischem Humor und einer ganz kräftigen Prise Becker-Weisheit abgeschmeckt und präsentiert.
Ist Jürgen Becker ein Spezialist für Religion? Bin ich Teil des coming out? Eines schon immer im verborgenen schlummernden Predigers oder Pfarrers?
Nein. Er hat nur sehr genau hingesehen. Er reflektiert, fast unscheinbar, teils mit geschlossenen Augen, (weil das Bühnenlicht offenbar blendet) unscheinbar wie du und ich. Da arbeitet es hinter seiner Stirn, sein Gehirn, eines das nicht auf Zeitsparmodus programmiert, einen tiefsinnigen Philosophen zu Tage fördert.
Ein unbequemer Denker. Scharfsinnig. Jürgen Becker ist ein Wort verdrehender Analytiker der locker plaudernd, aus einem alltäglichen Beisatz, nicht nur einen Kanonenschuss formt und in Richtung schwarzer satirischer Humor abfeuert.
Politische Hiebe.Volltreffer. So nebenher kriegen Merkel und Konsorten ihr Fett weg. Da müssen die Bauchmuskeln richtig arbeiten.
Am besten gefiel mir seine Betrachtung des Lebens eines Wurmes. Der ist mit wenig Hirn auf der Welt und führt ein unvergleichlich feines Leben im Darm. Becker rattert den Speiseplan runter, wir johlen vor Lachen ob der Erkenntnis. Neid überkommt mich. Angesichts dessen, wie schwer uns das eigene menschliche Hirn das Leben macht. Kabarett weckt Lernbedarf.
Jürgen Beckers Vorstellung ist ganz großes Kino. Eine kabarettistische Glanzleistung. Keineswegs lästerlich. Wer etwas über den Menschen und seinen Glauben erfahren will ist bei Jürgen Becker gut aufgehoben.
Wie sagt er so schön darüber was den Menschen vom Tier unterscheidet:
„Das Tier kann dösen, der Mensch muss lösen.“
Ich werde in Zukunft eher weniger mit meinem iPhone das Schmalz in meinem Ohr filmen und dafür ein paar Stunden mehr die Sonne am Rheinufer genießen.Dösen.
Dankeschön Herr Becker, ein toller Abend. Danke auch für das kühle Kölsch am Ende der Vorstellung. Das kam richtig gut an!
Beispielhaft gute Idee. Selbst für Musiker eine Überlegung wert, am Ende eines Konzerts seinen Gästen eine Runde zu spendieren. Gespräche fördern ja stets interessantes zu Tage.
P.S: Herr Becker, by the way habe ich das Foto ( © 2008 Simin Kianmehr) von Ihrer Webseite geladen. Ich wollte gestern nicht mit meinem Handy rum fotografieren. 😉 Sollte das nicht OK sein lassen Sie mir bitte eine Nachricht zukommen. Ich komme dann noch mal vorbei und mache dann mein eigenes Bildchen für diesen Beitrag. So Long. Ja und Danke an Astrid fürs Ticket 🙂
http://www.comedia-koeln.de/