Konsequentes Gehauche – Skurrile Verflachung großer Songs
Helen Schneider? Ich bin ein Fan der ersten Stunde, besitze all ihre CD & Vinyls, und habe ihre Karriere immer sehr genau verfolgt. Ich habe sie zig Mal life erlebt: ganz am Anfang mit ihren sanften, aber intensiven Popballaden, dann als Rock’n Roll Gypsy, – und später als fantastische, gereifte Interpretin von Weill-Songs und den großen Musicalmelodien von Webber, Arlen, Porter und zig anderen. Ein Abend in der Kölner Philharmonie mit Steven Sondheim und Harold Arlen Songs kann ich nur als g r a n d i o s bezeichnen!
Jetzt liegt ihr neuestes Album vor. „Dream A Little Dream“ hat das schönste Design all ihrer CDs, beinhaltet aber zur großen Enttäuschung und in meiner rigoros persönlichen Beurteilung ihren bisher schlechtesten Gesang, den sie jemals auf einem Tonträger hinterlassen hat.
Die große, fazettenreiche Stimme der Helen Schneider wird auf dieser CD bei jedem Lied zum belanglosen Stimmchen. Musik und Gesang klingt wie austauschbare Barmusik, die man überall hören kann.
Wenn jemand vom Kaliber der Schneider sein großes Stimmmaterial eine ganze CD hindurch so drosselt, dann „spielt“ er eine Rolle, die nicht stimmt. Oder er will etwas „Anderes“. Helen Schneider und Produzent Till Brönner WOLLTEN ETWAS ANDERES ! Sie waren wohl vom dem unbedingten Willen durchdrungen, dass sich Schneiders Interpretationen dieser großen Jazzstandards von den zahlreichen, weltberühmten Versionen unterscheiden müssen. Das ist ihnen zweifelsohne gelungen. Das Ergebnis ist schlecht und bei manchen Titeln fast schon traurig-skurril.
Einen besseren Song als z. B. George Gershwins „The Man I Love“ kann sich kein Sänger wünschen. Bei Helen Schneider misslingt dieses Stück durch permanent aufgesetztes Gehauche, und affektierte Betonung des Textes in voller Länge. Eine in diese Richtung gezielte Tontechnik trägt mit dazu bei, dass Frau Schneider mitunter wie eine Asthmatikerin klingt, – geht alles mit entsprechend eingestelltem Mikro und den Reglern am Mischpult…….
(Bei ihrem letzten Liveauftritt im Sommer dieses Jahres trug sie einige Songs der neuen CD vor, aber Effekte dieser Art waren nicht zu hören, obgleich sie wesentlich reduzierter sang als gewohnt ).
Gerne endet Helen Schneider auf dieser CD die Lyrics abrupt, lässt die letzten Silben nicht ausfließen, oder melodisch nachklingen. Mit diesem „Stilmittel“ gerät ihr Singen in die Nähe von Sprechgesang und die Melodie wird ihrer Schönheit beraubt. Mag sein, dass Andere diese Art Reduzierung als eine etwas spröde Bereicherung empfinden. Ich nicht.
Die Belanglosigkeit ihrer Interpretation von „Dream a little Dream of Me“, kann nicht übertroffen werden. Schneiders Höhen klingen bedenklich unsicher bis mickrig, weil sie ihre Stimme falsch einsetzt, (abgedrosselt). Dazu kommen einfaltslose, stereotype Arrangements, – von den Musikern zwar gut gespielt aber sie bieten nicht die Spur von Eleganz oder Raffinesse. Im Gegenteil: oftmals wirken sie ausgesprochen bieder bis plump und hören sich dann an wie eine Mischung von simpler Barmusik und Kaffehausgeklimper.
Ein wenig jazzbetonter dürfte es schon sein.
Auf einzelne Titel mehr einzugehen macht bei dieser CD keinen Sinn „“ alle Songs sind sich in Helen Schneiders unzulänglich – eigenwilliger Interpretation ähnlich wie ein Ei dem anderen. So wie ein Song endet, so fängt der nächste an „“ was Klang und Ausdruck ihrer Stimme betrifft. Es endet mit Gehauche, und fängt wieder an mit Gehauche. Und mittendrin auch Hauchgesang.
Das ist weder sinnlich noch lasziv, sondern albern und langweilig. Ich kenne kaum eine andere CD, die mich so wütend macht. In keinem Lied lässt sich mal eine Steigerung ausmachen, Schneider singt alles eindimensional und in einer gleichmäßig herabgestuften Lautstärke. Es klingt, als habe der Tontechniker gesagt:. „Hi Helen, siehst du, wie die Nadel jetzt gerade ausschlägt? Bis hier darfst du singen „“ nicht kräftiger oder lauter!“
Ich werde den Verdacht nicht los: Till Brönner, Musiker, Produzent dieser CD und stimmlich ein eher „kleiner Sänger“, suchte hier in Helen Schneider sein gesangliches Pendant.
Es ist kaum zu verstehen, dass eine erfahrene und großartige Sängerin wie Helen Schneider sich auf ein solches Konzept einlässt: denn zufällig ist hier nichts ! Wie auf dieser CD hervorragende Songs auf „professionelle Weise“ verflacht werden, hat Methode. Irgendwer hat ihr wohl ins Ohr geflüstert: Nimm dich zurück Helen – sing nett, charmant. und leiser,… dann verkaufst du mehr CDs als mit deinem intensiven kunst-und kraftvollem Gesang.
Aber etwas hat sich Frau Schneider letzten Endes doch gedacht, als sie von „Dream A Little Dream“ ( spaßeshalber?) von ihrem „Flüsteralbum“ sprach.
Noch am ehesten gelungen: In My Solitude. Schlechteste Interpretation: The Man I Love.
Für die außerordentlich edle Verpackung der CD gibt es einen Stern.*
Werner Matrisch, Köln, November 2008