Köln – Wer in landwirtschaftlicher Umgebung wohnt kennt das aktuelle Problem mit der Düngeverordnung recht gut. Im kleinen Dorf Loquard, in meiner zweiten Heimat, ist diese bei den Menschen vor Ort ein Thema. In den Dörfern der Gemeinde Krummhörn muss halt jeder Bewohner mit der Düngung der umliegenden Felder leben. Das ist verbunden mit teils entsetzlichem Gestank, je nachdem wie der Wind an der Küste steht.
„Das wäre ja noch zu ertragen wenn es unsere Bauern wären,“ sagt mein Nachbar, „doch das Zeug ist gar nicht von unseren Bauern. Deren Gülle haben wir immer ertragen“, und führt weiter aus, das hier ein regelrechter Düngemittel-Tourismus im Gange ist. Da wird der Dünger aus Teilen von Niedersachsen, z.B. von Oldenburg nach Ostfriesland transportiert, weil dort die Felder wegen der Hühnerfarmen und Massentierhaltung bereits vor Gülle überlaufen.
Ein Städter wie ich, muss sich also erst einmal aufklären lassen. Vor allem über die Folgen der Überdüngung der Felder. Alles was auf die Felder aufgetragen wird können die Pflanzen gar nicht verarbeiten und gefährliche Bestandteile landen im Grundwasser. Wie kommt das denn, mit dem Düngetourismus? frage ich. Nun viele Felder hier werden mit Mais bepflanzt. Der kommt in die Biogasanlage. Viele Bauern betreiben inzwischen ausschließlich Maisanbau weil das eben lukrativer ist. Da sie selbst keine Viehhaltung haben, können sie Gülle abnehmen und die Maisfelder damit düngen. Achso so sage ich, deshalb die großen Sattelschlepper Tankwagen an der Landstrasse auf dem Weg nach Greetsiel.
Das ist eines der Themen die auch den BUND umtreibt. 24 Milliarden Euro werden jährlich ausgegeben, damit unser Trinkwasser genießbar bleibt. Eine Folge der Überdüngung sind sehr hohe, gesundheitsschädliche Nitratwerte im Grundwasser. Das hat dramatische Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität, denn drei Viertel des Trinkwassers in Deutschland stammen aus dem Grundwasser. Wasser aus stark belasteten Brunnen muss aufwendig und kostspielig mit sauberem Wasser gemischt werden. In Umkehrung des Verursacherprinzips kostet das die Verbraucher und Verbraucherinnen nach Berechnungen der Wasserwerke jährlich bis zu 24 Milliarden Euro.
„Es ist absurd: Auf der einen Seite will die Bundesregierung mit der Neufassung der Düngeverordnung ein Instrument, um den wachsenden Umweltproblemen durch industrielle Tierhaltung und viele Biogasanlagen beizukommen – auf der anderen Seite führt diese Neuregelung genau zum Gegenteil: nämlich, dass kleine bäuerlich-ökologische Betriebe, die schon jetzt umweltfreundlich wirtschaften, aufgeben müssen“, kommentiert Jan Plagge, Präsident von Bioland den Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Düngeverordnung.
„Die Verordnung muss erheblich nachgebessert werden“, das fordern Umweltverbände und dringen auf eine Trendwende durch die Düngeverordnung.
Der BUND sagt:
Nur mit weitreichenden Maßnahmen zum Wasserschutz können Bund und Länder die Nitratbelastung wirksam in den Griff bekommen. Unser Grundwasser und unsere Meere müssen geschützt werden. Die Umweltziele der EU müssen endlich eingehalten und damit auch weitere hohe Kosten vermieden werden.
Konkret fordern der BUND und weitere deutsche Umweltverbände:
Eine vollständige Hoftorbilanz
In einer verpflichtenden vollständigen Brutto-Hoftorbilanz müssen alle Stickstoff- und Phosphorströme erfasst werden, die landwirtschaftliche Betriebe zuführen und ausbringen.
Bußgelder bei Überdüngung
Stickstoff, der nicht von den Pflanzen aufgenommen werden kann, belastet die Umwelt und verunreinigt Gewässer. Daher müssen für Überdüngung Bußgelder im Rahmen des Ordnungsrechts eingeführt werden.
Obergrenze für Nährstoffe
Die Obergrenze für die Düngung darf 170 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr nicht übersteigen; in Regionen mit bereits erhöhten Nitratwerten im Grundwasser muss eine Obergrenze von 130 Kilogramm eingehalten werden. Ausnahmen darf es nicht mehr geben.
Einrichtung einer Dünge-Transportdatenbank
Da in einigen Regionen zu viele Nährstoffe anfallen, ohne dass es ausreichend Flächen für deren Ausbringung gibt, haben sich Nährstoff-Transporte verschiedenster Art vervielfacht. Die mangelnde Transparenz zählt zu den Risiken der industriellen Agrarwirtschaft. Für Sicherheit und Transparenz muss eine Dünge-Transportdatenbank sorgen.
Sperrfrist für die Dünger-Ausbringung
Bundesweit darf nur noch im Abstand von mindestens fünf Monaten auf Acker- beziehungsweise vier Monaten auf Dauergrünland gedüngt werden. Regional müssen teils auch längere Sperrfristen eingehalten werden. Im Herbst darf nach der Ernte der letzten Hauptfrucht kein Stickstoffdünger mehr ausgebracht werden.
Mehr Lagerraum für Gülle
Umweltgerecht dürfen Pflanzen nur in Zeiten gedüngt werden, in denen Pflanzen die Nährstoffe aufnehmen und optimal verwerten können. Daher müssen die Mindestanforderungen an die Lagerkapazitäten ausgeweitet werden: Gewerbliche Tierhaltungen und Biogasbetriebe müssen verpflichtet werden für neun Monate Lagerraum für Gülle und die Gärreste vorzuhalten.
Obligatorische Nährstoffproben im Herbst
Um den Nährstoffüberschuss kontrollieren und senken zu können, müssen die Böden im Herbst verpflichtend auf Nährstoffe untersucht werden.
Pufferstreifen zu Gewässern
Zu Fließgewässern und stehenden Gewässern muss beim Ausbringen von Dünger ein Abstand von mindestens fünf Metern, auf erosionsgefährdeten Standorten unbedingt von zehn Metern, eingehalten werden.
Klimagas Ammoniak vermeiden
Ammoniak gilt als Klimagas und ist in sehr hohen Konzentrationen krebserregend. Um Gefahren und die Belastung für Umwelt und Anwohner zu senken, muss die rasche Einarbeitung der Gülle in den Boden verbindlich vorgegeben werden.
Günstige Rahmenbedingungen für Festmistwirtschaft
Festmist ist eine wünschenswerte, weil multifunktionale Form der Düngung: Der Einsatz von Einstreu dient dem Tierschutz, bindet die Nährstoffe, versorgt so die Pflanzen nachhaltig und kann für Humusaufbau und Bodenfruchtbarkeit sorgen. Für Betriebe, die mit Festmist arbeiten, müssen daher günstige Rahmenbedingungen gelten und bürokratische Hürden reduziert werden.
Dies gilt ausdrücklich nicht für Betriebe, die mit Geflügeltrockenkot und getrockneten Formen von Gülle oder Biogassubstrat arbeiten.
In einer Stellungnahme kritisiert Bioland, dass der Vorschlag nicht ausreicht, um wesentliche Verbesserungen in Problemgebieten mit hohen Nitratwerten im Grundwasser zu erreichen.Besonders fatal sind die vorgeschlagenen Regelungen in Bezug auf Festmist. So sieht der Entwurf beispielsweise auch Sperrzeiten für das Ausbringen von Festmist vor. Auch bei anderen Vorgaben des Düngeverordnungs-Entwurfes folgt die Bundesregierung den Interessen der Chemie-Industrie und bestraft nachhaltig wirtschaftende, organisch düngende Betriebe.
Während konventionelle Betriebe im Einsatz von chemisch hergestelltem Stickstoffdünger nicht eingeschränkt werden, werden ökologische Gemüsebaubetriebe jährlich auf maximal 170 Kilo Stickstoff pro Hektar begrenzt. Der Nährstoffbedarf vieler Gemüsekulturen liegt jedoch weit darüber. Spezialisierte Bio-Unterglas-Betriebe würden so zur Betriebsaufgabe gezwungen und die Gewächshaus-Produktion von Bio-Tomaten, Paprika und Gurken ins Ausland abwandern. Doch dort, wo das Nitrat-Problem am dringlichsten ist – in Regionen mit intensiver Tierhaltung und einem besonders hohen Biogas-Anteil – greift der Düngeverordnungs-Entwurf zu kurz.
„Bioland fordert daher eine verpflichtende Hoftorbilanzierung für viehstarke Betriebe über 2,0 Großvieheinheiten pro Hektar und eine Stickstoffüberschussabgabe.
Zudem müssen die Bundesländer schärfere Maßnahmen zur Reduzierung des Stickstoff- und Phosphateintrags umsetzen können. Die neu vorgesehene Länderöffnungsklausel leistet dies nur ungenügend. Ansonsten werden wichtige EU-Umweltziele der Nitrat- und Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht.(Quelle Ots)
Wie man sieht bekommen wir in der Stadt wenig von diesen Dingen mit. Für unser Grundwasser und für unsere Ernährung sind diese Gesetze und Verordnungen von grundlegender Bedeutung.
Hier geht es zur Seite des BUND – Grundwasser und Düngeverordnung in Deutschland
Hier finden Sie die Bioland-Stellungnahme zum Entwurf der Düngeverordnung