Die Kölner Tanzrevolution- Stallnig-Nierhaus- Schulen tanzen auf Asphalt

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Köln Weiß – Auf dem Schulhof der Albert Schweitzer Grundschule. Es ist kurz vor der 10°° Uhr Pause und zwei Boxen und ein Mixer stehen auf dem Hof. Der Asphalt auf dem Schulhof strahlt die sommerliche Hitze ab. Georg Stallnig pustet ins Funkmikro. Test! Test! Ein Discosong erklingt leise im Hintergrund. Gelassene, aber gekonnte Vorbereitung auf einen besonderen Event findet hier statt.

Aus ein paar Fenstern schauen ein paar neugierige Augen auf den Hof. Der Gong ertönt und dann stürmen sie heran,die Schüler aller vier Schuljahre der Albert Schweitzer Grundschule in Köln Weiß.
War es früher mal der „Rattenfänger von Hameln“ der die Menschen mit seiner Flöte lockte, so werde ich Teil eines kleinen Wunders, das man sich in der heutigen Zeit gar nicht so vorstellen kann. Mir ist nicht ganz klar was denn nun die Kinder lockt. Aber sie sind angelockt. Die Augen glänzen. Es scheint etwas zu sein das sie vollauf begeistert.Ich bin unvorbereitet.Neugierig

Erwartungsvoll schauen die Kinder auf den Thüringer Tanzlehrer und seine junge Begleiterin. Kurz begrüßt er seine Fans. So wie sie klatschen und johlen bevor es losgeht und was an Vorfreude zu spüren ist, muss es etwas besonderes sein.

Georg Stallnig schiebt den Regler am Mixer nach oben. Es ertönt „Billie Jean“ von Michal Jackson und ab geht die Post. Es sind einfache Bewegungen Drehungen Schritte, welche vorgetanzt werden und Sie machen alle mit.
Mädchen und Jungen(!) ohne Unterschied. Alle klatschen stampfen singen drehen und gehen Sie mit, als würden sie das jeden Tag tun. Es treten sogar einige aus der Reihe vor und machen den Moonwalk. Nicht perfekt. Egal, der Jubel ist groß. Dabei ist es erst das dritte Mal „Tanzen in der Pause“ und auch schon das letzte Mal vor der Sommerpause.
Tanzen – Bewegung in der Pause. Das ist seine Idee. Sinnvolle Betätigung und Bewegung statt schlagen, streiten oder Unsinn anstellen. Gemeinschaftsgefühl kombiniert mit Freude an lockerer Bewegung. Arme schlackern. Weg mit dem Muff der Klassenräume.

Die Kinder wollen und können es in der Gemeinschaft. Tun genau das, was viele von Ihnen zu Hause nie machen würden. Allein schämen sie sich. Tanzen, muuäääh. Das ist doch peinlich! Das weiß ich von meinem Sohn. Der ist auch dabei. Der macht zu Hause nicht einen Tanzschritt oder eine Bewegung.

Hier bei Georg da macht es ihm und den anderen Jungs der Klasse 1C Spaß. Im Hintergrund steht Frau Näscher die Schulleiterin der ASGW. Sie schaut genauso begeistert wie ich auf Ihre Schüler. Wie die mitmachen. Dabei sind.
Sie zollen jeder Bewegung der Vortänzer höchste Aufmerksamkeit. Man spürt die Emotionen. Sie sind zum anfassen.

Ich bin gerührt, berührt vom Enthusiasmus und der Ausstrahlung des ADTV Tanzlehers Georg Stallnig. Die Kinder ebenso. Schweift der Blick über den Schulhof dann kann man zehn abzählen die nicht teilnehmen. Obwohl hingucken tun sie schon. Vielleicht beim nächsten Mal.
Jubel und Geschrei bei „Waka Waka“ dem WM Song und schwups ist die Pause leider vorbei.

Georg Stallnig macht dieses Projekt nicht nur in Köln Weiß, sondern auch in einigen anderen Schulen hier im Kölner Süden. Da stehen gerade zwei weitere Schulleiter aus dem Kölner Süden auf dem Hof, welche die Vorgänge aufmerksam verfolgen. Ungläubige Blicke. Infiziert sind aber auch sie sofort. Das sieht man ihnen an. Die Füße wippen im Takt. Fast bei allen auf dem Schulhof. Besser geht“™s nicht.

Tanzschule on the road“¦“¦ Der Tanz auf dem Asphalt.

Früher waren Tanzschulen etwas, das nur in einem dunklen Räumen mit Parkett und großen Spiegeln stattfand. Ohne Kursus kein Einblick, in das was da stattfindet. Eher eine Insider Welt für Menschen die ohnehin gesellschaftliche Regeln und Sozialverhalten bereits kennen.
Männer und Frauen die tanzen lernen, um in der Gesellschaft nicht abseits zu stehen. Denn irgendwo erwischt es dich immer wieder einmal. „Darf ich bitten?“ Wer kennt den Satz nicht und fühlt sich peinlich berührt, wenn er seinem gegenüber auf die Füße latscht. Oh sorry, ich hab es leider nie gelernt.

Wiege-Schritt bei der Rumba und uff tatta beim Wiener Walzer. Krawatte und Anzug vom Grundkurs bis zum Tanzsilber oder Gold. So kenne ich es noch. In den Siebzigern. Welch ein Graus. Geblieben ist bei mir der Discofox, den auch nicht jede/r kann.

Vor vier Jahren sah ich die Tanzschule, die auf der Strasse stattfindet zum ersten Mal. Bei den Rodenkirchener Sommertagen. Damals waren es noch zwei kleine Gruppen. Inzwischen sind es weit über 300 Kids, die von der Strasse weg in der Bonner Strasse tanzen gehen. Ein Tanzhaus sozusagen. Für alle Alterstufen. Dick und dünn. Groß und klein. Gruppentanz. Formationen. Ballett oder einstudierter Jazztanz als Gemeinschaftsleistung. Sie gehen auf eine Bühne. In die Öffentlichkeit. Stehen auf dem Maternusplatz in Rodenkirchen vor hunderten von Menschen. Als hätten sie nie etwas anderes getan als vorzutanzen.

Druck merkt man ihnen überhaupt nicht an. Sie zeigen nicht wie gut sie etwas können, sondern wie viel Spaß es ihnen macht. Die Leidenschaft in der Gemeinschaft.

Es ist die Leidenschaft für Musik, für Ihre Hits und sich dazu bewegen. Ich sehe es ihnen an. Die Stallnig-Nierhaus Schüler bewegen sich frei nach dem Motto, ist mir doch egal wie ich beim tanzen aussehe, sondern:“Seht her Tanzen macht mir Freude und Spaß“!!

Was da im Kölner Süden entstanden ist scheint mir eine besondere Stufe der Sozialisierung innerhalb unserer jungen Gesellschaft zu sein. In einer Zeit, bestimmt durch Videoclips, Internet und der Flimmerkisten, in der die Kids sich kaum vom Sofa oder von zu Hause fortbewegen, lockt Georg Stallnig die Kinder in seine Tanzschule. Sie kommen in Scharen. Er bringt sie zusammen. Er macht sie stark und verleiht ihnen ein echtes „Wir“ Gefühl.

Er schafft es auf der Strasse und dem Asphalt eines Schulhofs. Ein Gotthilf Fischer des Tanzens.

Es scheint so einfach zu sein, wenn man ihn hört und sieht. Das rührt aus einer tiefen inneren Überzeugung für die Sache und seinen guten Erfahrungen. Das fühlt und sieht man. Ja, er scheint ein echter Helfer zu sein. Hilft Hürden überbrücken. Einfach so. Fingeschnipp und schon bist Du dabei.

Das Feedback sagt er, ist riesig.

Er macht Tanzen für Demenzkranke in Altersheimen und strahlt mich dabei an, als er mir das erzählt:“Wenn du siehst wie die auf einmal loslegen, es ist unglaublich. Das macht so viel Spaß.“ Mir auch. Beim Zuhören. Der Glanz in seinen Augen.

Ich glaube es ihm und wünsche ihm noch viele Schüler und das sein Konzept Schule macht.

Auch andere Tanzschulen könnten aus dem Haus gehen. Auf die Straße. Tanz bringt uns einander näher. Die Berührung. Nähe. Gleiches erleben. Das ist etwas, was uns ein Stück weit verloren gegangen ist. Wir trauen uns kaum.
Ein siebenjähriger Junge bewegt sich natürlich und ohne nachzudenken zur Musik. Ich habe es auch gemacht. Gehottet. Ohne Anleitung. Mich erfüllte es. Als ich zehn war. Spätestens mit 14 Jahren avanciert der Junge zum Nicht-Tänzer, weil er sich einfach schlecht und unattraktiv findet. Er kann nicht tanzen. Will nicht. Traut sich nicht, weil seine Kumpels es auch nicht tun. Ihn auslachen könnten. Hilfe! Aber wie?

Tanzen in der Schulpause wäre vielleicht ein äußerst attraktives Mittel dieses Thema für Jungen und Mädchen zu beenden.
Wäre es ein Standard, könnte es ein Leben lang Freude machen und verbinden. Wenn ich den „ich zeige dir wie einfach es ist zu Tanzen “ Tanzlehrer Georg Stallnig richtig verstanden habe.

Er hat auf jeden Fall hier im Kölner Süden einiges bewegt. Zumindest für alle Familien, Gäste, Freunde der Musik und des Tanzes, die in seinem Haus und auf den Veranstaltungen dabei sind. Für sie ist es pure emotionale Begeisterung auf hoher Ebene. Das gilt für das junge Paar das Deutscher Meister ist, genauso wie für die Hip Hopper und das Senioren Paar im Goldkurs aber auch für die Kinder in der Schule.

Viele Jahre nach dem Mauerfall, bringt der Mann aus dem Osten Deutschlands eine kleine Revolution zu Stande, die es vielleicht ermöglicht, dass in Köln noch ein paar weitere Mauern, Schranken und Handicaps im Umgang miteinander fallen.

Tanzen ist wichtig und hat eine Bedeutung. Tanzen kann Schlüssel für eine schönere und bessere Gesellschaftsform sein, denn es öffnet in Verbindung mit der Musik die Tür, zu mehr emotionalen Miteinander und offener und ehrlicher Kommunikation ohne Worte.
Der Schule können wir als Eltern dankbar sein. In der ABS Grundschule Köln Weiß beschreitet man mutig neue Wege für eine bessere Gemeinschaft. Weitere Bilder kommen heute bei Flickr. Tanzen in Köln bei www.stallnig-nierhaus.de

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Packie lebt im Kölner Süden und ist Gründer, Entwickler und der Chef des COLOZINE Magazin, das als Blog neben der Kölner Süden Seite "Packie.de" aufgebaut wurde. Im weitesten Sinne ist diese Seite mehr den Farben, der Musik und den persönlichen Themen gewidmet. So zum Beispiel, wie ich zur Musik kam, warum mich Motorsport fasziniert hat, und welchen Bezug ich zu Tennis und Squash habe.