Köln – Das Album Turn Up The Quiet erschien bereits im Mai 2017 – doch ich habe es mir jetzt erst zugelegt, nachdem es für wenige Euros angeboten wird. Die Hörproben hatten mich 2017 nicht überzeugt, spontan das Album zum vollen Preis zu kaufen.
Aber es enthält so viele wunderbare Balladen, dass ich es nun hauptsdächlich wegen des Repertoirs für meine Sammlung gekauft habe. Obwohl es einige schöne und viel bessere (frühe) Alben von Diana Krall gibt (zum Beispiel „Live In Paris“ und „All For You“), habe ich immer gespürt, dass Frau Krall eher zu den mittelmäßigen Jazzvokalistinnen gehört, gleichwohl sie neben Melody Gardot die zur Zeit wohl populärste Jazzsängerin ist. Gardot und Krall belegen beide mit neuen Alben Spitzenpositionen der Jazzcharts und geraten oft auch in die deutschen Popcharts.
Großartiges Repertoire – leider langweilig und spröde interpretiert.
Natürlich steht diese Meinung in krassem Gegensatz zu ihrem Nimbus und großem Lob. Dennoch, folgende Jazzvokalistinnen – (und es gibt noch einige weniger namhafte mehr) , Dee Dee Bridgewater, Dianne Reeves, Lizz Wright, Youn Sun Nah, China Moses, Patti Austin, Jane Monheit , Rachelle Ferrell, Diane Schuur – sind von ihrer Stimm-Qualität und sowie technisch wie interpretatorisch einfach viel bessere Sänger.
„Turn Up the Quiet“ beweist jetzt mehr als jedes andere Krall-Album zuvor in trauriger Klarheit ihre begrenzten Fähigkeiten als Sängerin. Sicher: Krall hat gute und sehr kompetente Produzenten, und sie hat auf diesem Album nach „Wallflower“ wieder exzellentes Songmaterial.
Aber was macht sie damit? Leider nichts Besonderes.
Über die einzelnen Songs muss ich nicht viel schreiben, sie sind allesamt große Klassiker des Great American Songbook und wurden in der Vergangenheit von unzähligen Interpreten auch innerhalb des Jazz gesungen. Besonders wenn man die Aufnahmen von Künstlerinnen wie Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Anita O’Day, Carmen McRae oder Sarah Vaughan kennt, die allesamt erheblich besser sind – kann man die eindimensionalen Krall-Interpretationen kaum ertragen.
Abgesehen von Kralls kleiner Stimme, die die Möglichkeiten für vokalistisch brillante Gesangsdarbietungen sehr einschränkt, ist auch ihre Interpretation spannungslos, ideenlos. Sie variiert wenig, hat immer den gleichen Stimmklang und Ausdruck.
Ihr Gesang war schon immer selten begleitet von Dynamik – aber auf „Turn Up the Quiet“ ist kein Hauch von Dynamik, ihre Stimme klingt müde und langweilig. So müssen Balladen nicht gesungen werden – ein guter Sänger sollte seine Stimme und Volumen auch bei Balladen variieren um einen Spannungsbogen an Intensität zu erzeugen. Das ist es, was neben der Melodie auch die Lyriks verlangen.
Ich möchte etwas Positives über Diana sagen: Sie ist eine gute Jazzpianistin. Und jeder Musikfan mit guten Kenntnissen über Stimmen und und Gesangstechnik sollte zugeben, dass Krall künstlerisch gesehen eine viel bessere Pianistin als Sängerin ist – obwohl sie ein ziemlich gutes Timing auch beim Gesang hat und ihre Stimme durch eine interessante Klangfarbe zumindest nicht austauschbar ist. Aber das allein reicht nicht, um eine Jazzsängerin der Mittelklasse auf den höchsten Thron des Jazzgesangs zu setzen – wie so häufig bei Krall geschieht, wenn man Kritiken zu ihren Alben liest.
So gesehen ist „Turn Up the Quiet“ vielleicht ein nettes Album zur „Entspannung“ oder für ein Candle-Light-Dinner, einem Glas Rotwein – perfekt zum „chillen“. Und genau das sind die zweifelhaften Kriterien, die von so manchen Krall-Fans immer angesetzt sind. Keinerlei Kritik, dass sie diese wunderbaren Jazzballaden zu einer Art Hauch -und Sprechgesang ohne jegliche Intensität oder Emotion reduziert.
Aber was soll’s – wenn selbst Jazzkritiker diese Art von „Reduzierung“ im Vortrag so toll.finden .. das „Weglassen“ ist demnach wohl das Größte.
Und immer soll der Leitspruch:
„Weniger ist mehr“ überzeugen. Mich überzeugt das keinesfalls, weil Gesang für mich nur durch ein breites Spektrum von ambitionierten Ausdrucksmöglichkeiten und ja – auch durch technische Virtuosität überzeugt und erfreut.
Das trifft auf Diana Krall für mich gesehen nicht zu. Diana Krall hat sicher eine gute „Vorstellung“ davon, wie Jazz klingen sollte, das kann sie zum Teil vermitteln – andererseits fehlt es ihr erheblich an sängerischen Qualitäten.
Auf „Turn Up the Quiet“ singt Krall fast nur kühl, spröde und ohne Emotion. Für mich klingt dieses Album uninspiriert. Bestenfalls ist es massenkompaktibler „Mainstreamjazz“ – eine Kategorie in der Diana Krall in schöner Regelmäßigkeit als Meisterin glänzt.
(Werner Matrisch)