Köln – Die Auswärtspartie, so wie die 6: 1 Niederlage des 1. FC Köln bei Borussia Dortmund, war das erste Spiel in dieser Bundesliga-Saison, das ich nicht live verfolgen konnte. Und doch habe ich mitbekommen, dass wir das vierte Spiel in 2023 verloren haben.
Ich war zum Essen eingeladen und verfolgte das Spiel bei Twitter bei einem leckeren Reissdorf Kölsch im Haus Maassen in Sürth und noch bevor meine „Filet mit Bratkartoffel Pfanne“ auf dem Tisch stand, war der Ticker schon bei 2:0 für den BVB angekommen. Mehr wollte ich da schon gar nicht mehr wissen und auch der Appetit war mir vergangen.
Im Wesentlichen hatte ich ohnehin nicht mit einem Sieg gerechnet, mir aber vorgestellt, dass die Mannschaft couragiert einen Punkt erobert. Die Aufstellung von Steffen Baumgart fand ich erst einmal in Ordnung. Im März 2022 waren in Müngersdorf beim furiosen Spiel gegen den BVB Schwäbe, Schmitz und Olesen auch dabei. Ich hätte anders aufgestellt, aber unser Cheftrainer hat ja immer einen Plan mit seinen Jungs und der hätte ja auch aufgehen können.
Wo ist das Pressing geblieben?
Doch was dann auf dem Rasen ablief, entspricht in etwa dem, was in dieser Saisonhälfte ständig zu nimmt und mir ganz viel Sorgen bereitet. Wir haben das Pressing verloren. Das, was diese Kölner Mannschaft ausgezeichnet hat und in der Tabelle so weit nach vorne gebracht hat, das frühe anlaufen auf den Gegner, um vorne bereits Bälle festzumachen ist weg. Schon gegen Bochum war mir das arg aufgefallen und im Nachhinein jetzt wird das auch gegen den BVB sehr deutlich.
Der Gastgeber konnte in allen Räumen ab seinem Strafraum nach Belieben agieren, ohne auch nur von einem Kölner Spieler ernsthaft behelligt zu werden. Gegen den BVB lag bereits in der ersten Hälfte ein kollektives Mannschaftsversagen vor.
Ich frage mich heute, warum Steffen Baumgart nicht bereits nach der ersten Halbzeit einen Impuls für eine Kehrtwende gewagt hat und einfach drei Spieler ersetzt hat? Ich meine das muss ihm doch klar gewesen sein, dass Chabot, Hector, Kainz und Olesen einen mehr als schwachen Tag haben und der BVB die linke Seite als Schwachstelle ausgemacht hatte.
Wenn jeder im Kollektiv nur seine beste Leistung zeigen will, dann muss der Trainer die Jungs, die auf der Bank sitzen, auch dran lassen. Oder? Bis zur 58. Minute warten und dann erst den ersten Wechsel zu wagen, war aus meiner Sicht ein viel zu spätes Signal.
Und so sehe ich das inzwischen für vier der letzten 6 Spiele. Der Kader ist im Grunde genommen viel zu schwach und anfällig, wenn ein Gegner mal richtig Gas gibt. Die jeweiligen Untergänge gegen den VFB Stuttgart, VFL Wolfsburg, VFL Bochum und dem BVB ordne ich jetzt in die Kategorie – hier findet gerade ein beängstigender Leistungsabfall der Mannschaft statt – ein.
Sicherlich gibt es kein Patentrezept gegen den Einbruch
Aber wir sollten schon einen Schritt zurück zur ersten Jahreshälfte wagen und früh und massiv wechseln, um so die Verantwortung wieder auf das gesamte Team zu verteilen. Baumgarts Versuch einen soliden Stammkader aufzustellen, der jeden Gegner rocken kann, erweist sich aus meiner Sicht als Flop.
Das Spiel auf einen Stürmer, der dann Tore macht, auszurichten, schlägt doch seit dem Abgang von Modeste immer wieder fehl. Wie kann es sein, dass seit zig Spielen, jede beschissene Ecke und jeder Freistoß von Kainz getreten wird? Ich verstehe das nicht. Gibt es da keine anderen Varianten und Optionen? Und logisch kann Kainzi auch mal einen beschissenen Tag haben. Warum nicht? Aber dann muss er raus und Platz machen für die, die mehr wollen.
Ich bin nicht der Trainer des Gegners, aber selbst ich kann dir inzwischen genau sagen, wo man den 1. FC Köln in der am Samstag angetretenen Formation ausbooten kann, wenn die Geißböcke die Räume nicht eng machen und früh angreifen, um sich Chancen durch überraschend früh gewonnene Bälle vor dem Gegnersstrafraum zu erarbeiten. Dieser Zufall hat den FC doch ausgemacht. Warum wird das auf einmal sträflich vernachlässigt?
Im Grunde wird uns gegen den Abstieg nichts anderes übrig bleiben als zu rotieren und Tore über den Zufall zu generieren. Für einstudierte Szenarien vor dem gegnerischen Tor, wie Flanken, Ecken oder Freistöße brauchen wir länger als bis zum Saisonende und auch andere Spieler. Rotation im Kader bedeutet Ungewissheit für jeden Gegner. Und auch der unbedingte Einsatz der Mannschaft auf biegen und brechen, dem Gegner keine Chance zu lassen sich zu orientieren, muss wieder her.
Wann habe ich das letzte Mal von SB72: „Holt euch den Ball!“ gehört?
Dass die Jungs lernen wollen und es auch tun, damit bin ich einverstanden. Das Steffen die Verantwortung übernimmt, ist Top. Das er die Mannschaft schützen will. Top! Aber wenn das neue System nicht funktioniert, dann müssen eben die alten und bewährten Tugenden der Mannschaft neu geweckt werden. Wir haben gegen den BVB im letzten Jahr ein 1:1 hart erkämpft, und zwar mit genau so einer Leistung.
In der Länderspielpause hat die Mannschaft genügend Zeit, erneut an den eigenen Werten und dem eigenen Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen, zu arbeiten. Mir geht es in erster Linie nicht darum, dass wir Tore machen, sondern die Null halten und als Kölner Kampfschweine gelten, die keinen Gegner machen lassen, was er will.Das hatten wir. Das hat auch funktioniert. Das war nicht Weltklasse und sah nicht immer wie Top-Bundesligafußball aus, aber es war im Resultat effektiv und hat uns Punkte gebracht. Wir benötigen halt noch 13 Punkte und in der unteren Tabellenhälfte boxt der Papst. Da kann der Schuss für den 1. FC Köln auch ganz schnell nach hinten losgehen.
Ich erinnere mich da an ein Jahr, ich glaube bei St.öger war das, wo auf Europa dann der Abstieg folgte. Im Grunde muss das mit dieser Mannschaft nicht sein, die eigentlich mehr kann. Wenn alle wollen und fit im Kopf und in den Beinen sind und der Trainer sieht, da kann einer nicht richtig, dann müssen die von der Bank das Ding eben rocken.Wenn es dann nicht klappt, haben wir zumindest alles versucht und alles gegeben. In diesem Sinne Kopf hoch Geißböcke! Brust raus! Kämpfen um jeden Punkt!
So freue ich mich in der Nordkurve jetzt schon auf das kommende Spiel gegen Ostholland, wenn es wieder heißt: Come on Effzeh! 🙂
So standen die Teams im Signal Iduna Park auf dem Grün
Borussia Dortmund: Meyer – Wolf, Süle, Schlotterbeck, Ryerson (79. Rothe) – Dahoud (79. Hummels), Bellingham, Guerreiro, Malen (72. Meunier), Reus (72. Reyna) – Haller (72. Modeste)
1. FC Köln: Schwäbe – Schmitz, Hübers, Chabot (58. Martel), Hector (K) – Skhiri – Ljubicic (83. Schindler), Olesen, Kainz (58. Maina) – Adamyan (58. Huseinbasic), Selke (69. Tigges)
Tore: 1:0 Guerreiro (15.), 2:0 Haller (17.), 3:0 Reus (32.), 4:0 Malen (36.), 4:1 Selke (42.), 5:1 Haller (69.), 6:1 Reus (70.)