Köln – Die Idee ist so bestechend wie einfach: Abgeordnete aus ganz Deutschland bringen Erde aus ihrem Wahlkreis nach Berlin und streuen sie im Innenhof des Reichstagsgebäudes aus. Dort bildet diese Erde den Nährboden für allerlei Pflanzen und Gräser, die ohne gärtnerischen Einfluss des Menschen gedeihen und auch wuchern dürfen. Diese Idee hatte der Künstler Hans Haacke; sein Werk heißt „Der Bevölkerung“ und ist wohl eines der umstrittensten Kunst-am-Bau-Stücke in den Gebäuden des Deutschen Bundestages.
Seit Freitag, den 26. September, ist auch Erde aus Köln-Bayenthal Teil der Installation. Der Kölner Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte verteilte sie zusammen mit Schülerinnen und Schülern des Erzbischöflichen Irmgardis Gymnasiums und zwar mit den Worten: „Erde us em hillige Kölle för et heidnische Berlin“. Mitgebracht hatten diese Gabe Mitglieder des Abiturjahrgangs 2015 des Gymnasiums in der Schillerstraße „“ in einem groben Jutesack, der ein wenig an den Heiligen Nikolaus erinnert. Vor ihrer Reise nach Berlin war die Erde, die aus dem Schulgarten des Gymnasiums stammt, im Kölner Dom von Pfarrer Klaus Thranberend gesegnet worden.
Am Kunstwerk selbst erfuhren die 18 Jugendlichen mehr darüber, warum Hans Haacke mit „Der Bevölkerung“ für so viel Diskussionsstoff sorgte: Die Abgeordneten des Bundestages, die 1999 über den Entwurf abstimmen sollten, waren sich nicht einig darüber, ob es rechtens ist, die zentrale Giebelinschrift des Reichstagsgebäudes „Dem Deutschen Volke“ durch die Inschrift der Installation zu ergänzen. Oder ist die Umdeutung „Der Bevölkerung“ im Gegenteil eine legitime Ausweitung der Giebelinschrift und stößt dadurch immer wieder neu einen Denkprozess an? Die Abgeordneten entschieden sich mit knapper Mehrheit für letzteres „“ wie man in den Kunstführungen des Bundestages erfahren kann auch aus Angst davor, sich ansonsten einen Eingriff in die Freiheit der Kunst vorwerfen lassen zu müssen.
Sobald die Schülerinnen und Schüler zurück in Köln sind, können sie „“ und alle anderen Interessierten „“ per Webcam verfolgen, wie sich das Kunstwerk über die Jahreszeiten hinweg verändert „“ unter der Internet-Adresse www.derbevoelkerung.de.