Köln- In diesem Jahr bin ich schon einige Male Richtung Norden nach Ostfriesland gefahren. In der letzten Woche mit dem Motorrad. Was einem da teilweise in der Region ab Coesfeld Nordwärts in die Nase steigt ist sicherlich mehr als nur ein leicht mit Gülle getränktes Feld. Im Landkreis Aurich erzählen sich die Bürger inzwischen Geschichten über schwunghaften Handel mit Gülle, weil die Grosserzeuger z.B. Hühnerfarmen anderer Regionen, ihre Gülle irgendwie loswerden wollen. Nachbar Hans P. in Loquard:“ Damit wird viel Geld verdient und da kommen ganze Transporte und hauen das Zeug auf die Felder. In den letzten Jahren hat das stark zugenommen.“
Die Verursacher dieser Gewässerbelastungen sollen nun stärker in die Pflicht genommen werden.Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat gemeinsam mit Vertretern kommunaler Wasserversorger und Bundestagsabgeordneten über die Reform der Düngeverordnung diskutiert.
Die kommunale Wasserwirtschaft in Deutschland ist in einigen Regionen stark von steigenden Nitrat-Konzentrationen in den Rohwasserressourcen, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, betroffen. Aus VKU-Sicht ist es daher dringend geboten, die Düngeverordnung zu reformieren. VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck: „Die kommunalen Wasserversorger liefern jederzeit qualitativ hochwertiges Trinkwasser. Um dies auch zukünftig zu gewährleisten, müssen die legislativen Rahmenbedingungen angepasst werden. Es kann nicht sein, dass die kommunalen Wasserversorger und damit ihre Kunden am Ende die Kosten tragen müssen, die durch landwirtschaftliche Nutzungen verursacht werden.“
Bereits der Koalitionsvertrag der CDU/CSU- und SPD-Fraktionen verweist auf den dringenden Bedarf, den gesetzlichen Rahmen so anzupassen, dass zukünftig weniger Nährstoffe in Gewässer eingetragen werden.
Die Europäische Kommission ist auch der Auffassung, dass das Ziel der Nitratrichtlinie mit der Düngeverordnung in ihrer heutigen Form nicht erreicht werden wird. Sie hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Reck: „Deutschland ist im EU-Vergleich Vorletzter in Bezug auf die Nitratkonzentrationen im Grundwasser. Die Bundesregierung muss die Verursacher von Gewässerbelastungen unbedingt stärker in die Pflicht nehmen und mit entsprechenden Maßnahmen gegensteuern!“
Der VKU fordert, dass jeder landwirtschaftliche Betrieb eine sogenannte Hoftorbilanz als betriebliche Gesamtbilanz für Nährstoffe einführt.
Aus VKU-Sicht ist es notwendig, dass der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat je Liter im Grundwasser sicher eingehalten wird und die Stickstoff-Obergrenze für alle organischen Dünger gilt. Außerdem fordert der VKU, dass eine Lagerkapazität für alle organischen Dünger von mindestens neun Monaten vorgehalten wird und in einem Abstand von fünf Metern von Gewässern kein Dünger angebracht werden darf. Reck: „Werden die Vorgaben der Düngeverordnung zukünftig nicht eingehalten oder wird gar gegen diese verstoßen, so muss dies konsequent geahndet werden und finanziell spürbare Sanktionen nach sich ziehen.“
Professor Karin Holm-Müller, stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), hat bei der gestrigen Veranstaltung das Gutachten zur Düngeverordnung des SRU und der Wissenschaftlichen Beiräte für Agrarpolitik und für Düngungsfragen vorgestellt. Mögliche Reformoptionen der Verordnung haben Karsten Specht, Geschäftsführer des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbands (OOWV) und VKU-Präsidiumsmitglied sowie die Bundestagsabgeordneten Artur Auernhammer, CDU/CSU-Fraktion, Peter Meiwald, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Dr. Wilhelm Priesmeier, SPD-Fraktion in ihrer Diskussion aufgezeigt.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.400 kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser und Abfallwirtschaft. Mit über 245.000 Beschäftigten wurden 2012 Umsatzerlöse von mehr als 110 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 8,6 Milliarden Euro investiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen haben im Endkundensegment einen Marktanteil von 46 Prozent in der Strom-, 59 Prozent in der Erdgas-, 80 Prozent in der Trinkwasser-, 65 Prozent in der Wärmeversorgung und 26 Prozent in der Abwasserentsorgung.(Ots)