ELLA-Unerschöpfliche Energie und Kreativität “ Twelve Nights in Hollywood“

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Das Jazz-Label VERVE hat wieder einmal in seinen Riesen-Archiven gesucht und hat Fulminantes zu Tage gefördert. In einer luxuriösen CD-Ausgabe präsentiert VERVE – von Norman Granz in den fünfziger Jahren guegründet – 76 bisher unveröffentlichte, wirklich fantastische Fitzgerald-Liveaufnahmen.

Unerschöpfliche Energie und Kreativität

oder:  Die Freude des Singens

Ella Fitzgerald1

Ella Fitzgerald ( 1917 „“ 1996 ) “ Twelve Nights in Hollywood“ ( 4 CD – Collection 2009)

Auf 4 CDs – mit einer Laufzeit von 4:11 Stunden – wird hier ein Festessen für Ella-Fans und Liebhaber des Vokaljazz präsentiert. Aufgenommen 1961/62 – in der Hoch-Zeit der vielleicht größten, aber sicher berühmtesten Jazzinterpretin aller Zeiten. Die L.A. Times schreibt dazu: “ She’s never been better“.

Die Frage aber nach den „besten“ Jahren der unsterblichen Jazzlegende „ELLA“, ist schwierig und nur sehr differenziert zu beantworten – und wenn – auch nur nach Dekaden zu bestimmen. Ella Fitzgerald hatte ihre erste Schallplatte 1935 aufgenommen, und ihr letztes Album erschien bei Pablo 1990. Bis Anfang der 90er Jahre gab sie noch Livekonzerte, von denen zweifellos Aufnahmen existieren „“ schon aus Dokumentationsgründen.

Ella’s Jahre der Reife ( auf Pablo, 1972 „“ 1990) sind geprägt von berührender Ausdrucksstärke und vollendeter Jazzphrasierung. Ihre Duette mit dem Gitarristen Joe Pass gehören zum Besten, was innerhalb des Jazzgesangs zu finden ist. Bemisst und bewertet man Fitzgerald-Aufnahmen nach musikalischem Niveau und reinem Jazzgehalt, so könnte man die Pablo-Jahre als ihre künstlerisch besten Jahre bezeichnen. Alle Alben ihrer Pablo-Jahre sind qualitativ hochrangig – auch wenn Ella’s stimmliche Qualität sich bereits Ende der der siebziger Jahre mehr und mehr reduzierte.

Ihre dynamischsten Jahre aber hatte Ella in den Sechzigern „“ einer Zeit, in der sie sich fünfzig Wochen (!) im Jahr mit Liveauftritten in aller Welt vor einem ständig begeisterten Publikum verausgabte. Denn so gut und präzise Ella auch im Tonstudio arbeiten konnte – auf der Konzertbühne war Ella Fitzgerald in besonderer Hochform „“ und übertraf sich nicht selten selber.

Davon zeugen im besonderem Maße die gerade veröffentlichten Aufnahmen der zwölf Nächte im Crescendo Club von Hollywood . Die ersten 10 Auftritte vom Mai 11. – 21. 1961 sind auf drei CDs enthalten. Zwei Konzerte von Juni 29. & 30. 1962 enthält die vierte CD. Überwiegend wurde in Stereo aufgenommen und beim remastern der Klangqualität wurde sorgfältig gearbeitet.

Aber die typischen Nebengeräusche eines kleinen Nacht- beziehungsweise Jazzclubs blieben erhalten, was gut ist. So ist dieses ca. 200 Personen fassende Ambiente akustisch nachvollziehbar „“ der Klang spiegelt hautnahe Intimität. Wenn 200 Menschen klatschen, hört sich das anders an, als der brausende Applaus von 2000 oder mehr Personen in einer Halle.

Natürlich kann heute niemand mehr etwas Neues über Ella Fitzgeralds hohe Gesangskunst und ihren Stellenwert im Jazz schreiben. Alles wurde schon vor langer Zeit über sie gesagt und geschrieben in unzähligen Kritiken, Jazzbüchern- und Musikmagazinen. Auch ihre Musikerkollegen, fast immer Spitzenmusiker der klassischen Jazz-Elite, stellen Ella in klaren Statements auf den Gipfel des Jazzgesangs

Hört man sich nur die erste der vier CDs an, ist man geneigt, alle überschwenglichen Superlative die Ella Fitzgerald in ihrer fast 6ojährigen Karriere zuteil wurden, jetzt noch einmal in gebündelter Kraft auszusprechen „“ denn eigentlich kann man diese Sängerin gar nicht genug loben. Diese Aufnahmen sind von einer sprühenden und rauen Ursprünglichkeit und beweisen, dass Ella eine der „ur-musikalischsten“ Sängerinnen überhaupt war. Der Klang ihrer Stimme ist jazziger, schwärzer und expressiver als beim legendären Berlin-Konzert vom Februar 1960. Dort war ihre Stimme von dieser mädchenhaften Leichtigkeit und Fröhlichkeit, welche Kritiker verleiteten, in Ella eine „Jazznachtigall“ zu sehen. Diese herrlichen Aufnahmen, inklusive der umwerfenden Ella-Version von „Mack the knife“, erreichten ein Riesenpublikum und erschreckten auch nicht so manchen Schlagerfan.

In den Aufnahmen vom Crescendo Club, Hollywood – nur ein Jahr nach dem Berlin-Konzert – swingt Ella härter, dynamischer und stimmlich aufgerauter. Ihr Temperament ist ungebändigt – und tobt sich überbordend besonders in den langen Scatnummern aus. Ella, die größte „instrumentale“ Sängerin glänzt hier wieder mit schier unbegrenzten Ideenreichtum. Wenn ein Sänger nur zwei Minuten Scatgesang bringt, der nicht wirklich virtuos und abwechslungsreich ist, weiß man, wie lang zwei Minuten sein können. Ella Fitzgerald singt in diesen Konzerten sechs -und sieben-minütige Scat-Songs.

Sie ermüden oder langweilen den Hörer niemals, weil ihre Scatvokalisationen schon rein technisch gesehen in ihrer unglaublichen Schnelligkeit, Elastizität und durch ihren großen Tonumfang faszinieren. Ella’s Scat bewegt sich im Feld aller Noten, von den tiefsten bis zu den höchsten. Sie schafft aus der freien Improvisation viele Melodienbögen und bildet damit eine eigene, neue Komposition „“ die sie auf anderen Konzerten – zwar immer variiert „“ Note für Note wiederholen kann. Das berühmteste Beispiel dafür ist sicher Ella’s Scatversion von „How high the moon“. Im Hollywood-Konzert singt sie die phänomenale Version des Berliner Konzerts mit all den komplex-vertrackten Tonsprüngen, Bass-Imitationen, irrsinnig hohen Scatspitzen oder Songzitaten Note für Note noch einmal – und das in höchster Perfektion.

Sehr bemerkenswert an diesen „Twelve Nights in Hollywood“ ist Ella’s riesiges Songrepertoire. An jedem Abend sang sie andere Songs oder stellte das Programm um. Es gab keine, wie sonst bei Konzerten üblich, fest wiederholte Reihenfolge der Songs. Viele Titel aus Ella’s aktuellen und geplanten Plattenproduktionen wurden im Programm integriert und so manche davon blieben die einzigen Liveversionen. Wie schön, dass man sie jetzt hören kann. Ungewöhnlich sind auch die Arrangements. Es gibt keinerlei Soli oder Instrumentalpassagen innerhalb der Songs. Ella bestreitet jeden Song durchgehend ohne eine Pause während aller zwölf Konzerte.

Zwar wird sie souverän begleitet von ihrem Quartett – allen voran Lou Levy mit prägnant-robusten Pianospiel „“ ( auf CD 4 spielt Pianist Paul Smith zurückhaltender ), aber das Gelingen dieser Konzerte lag klar in Ella’s Verantwortung und Können. Sie war praktisch jede Sekunde im Einsatz „“ der Fokus war 100% auf sie gerichtet „“ sie MUSSTE gut sein!

Diese vier CDs belegen: sie war weitaus mehr als nur „gut“. Sie war einfach wundervoll! Faszinierend in ihrer Vitalität und kreativen Vielfalt. Besonders im Wechsel von swingenden Titeln zu Balladen erreicht Ella’s Gesang eine begnadete Intensität. Die Stimme wirkt verändert, klingt plötzlich seidenweich, wenn sie “ One for my baby“, „Round Midnight“, oder „But not for me“ vorträgt. Das fast immer heiter interpretierte „My heart belongs to Daddy“ bekommt eine sehr melancholische Klangfarbe. Dabei überzeugt und bewegt sie den Zuhörer mit jeder Note. Ihr Gesang ist hier trotz stimmtechnischer Perfektion immer von tiefgreifendem Gefühl bestimmt und bleibt dabei doch schlicht. Ein Pathos gibt es nicht „“ aber die reine Lust und Freude des Singens ist bei Ella Fitzgerald stets gegenwärtig und authentisch.

Diese „Einfachheit“ ist allerdings nicht mit Understatement zu verwechseln. Diese intellektuelle Fähigkeit liegt Ella Fitzgerald weniger. Auch unterkühlte und ironische Untertöne oder Andeutungen in der Interpretation sind nicht Ella’s Sache. Das waren eher die von Billie Holiday kultivierten Attribute des Jazzgesangs. Ein Stil, dem Jazzexperten immer höchste Wertschätzung und Bewunderung einräumten. „Understatement singen“ steht bei Kritikern hoch im Kurs, bei mir eher nicht, weil ich es oft aufgesetzt oder attitüdenhaft finde. Besonders dann, wenn bewusst und kalkuliert auf „Understatement“ gemacht wird „“ immer im Hinblick auf die Masche: „Weniger ist mehr“ . Was ja manchmal richtig ist „“ aber eben nicht immer!

Ellas Singen ist immer unverstellt und natürlich „“ niemals macht sie ein Schauspiel beim Singen. Wenn man ihrem Gesang lauscht, weiß man einfach, dass diese Töne direkt aus dem Innersten ihrer Seele kommen. Das Faszinosum von Ella Fitzgerald ist neben ihrer brillanten Gesangsbegabung und der einmaligen Stimme auch ihre Natürlichkeit. Ella Fitzgerald gehörte zeitlebens zur Jazz-Elite, aber “ elitär“ wird für sie ein Fremdwort gewesen sein. Sie wird auch heute noch von einer breiten Masse unterschiedlichster Musikfans geliebt und verehrt .

Ella-Foto2„Twelve Nights In Hollywood“ zeigen eine vierundvierzigjährige Ella Fitzgerald auf der Höhe ihrer Schaffenskraft. Diese Liveaufnahmen zeugen von ihrer unerschöpflichen Energie, Improvisationsfreude und Kreativität. Sie verkörpert mit ihrer erstaunlichen Ausdrucksspannweite den Jazzgesang in seiner ganzen Komplexität.

Die optische Ausgabe dieser CD – Collection ist luxeriös und in der Information vorbildlich. In quadratischer Hardcover-Buchform sind auf vierzig Seiten viele s/w Fotos, Coverabbildungen in Farbe, ausführlicher Text zu den Konzerten und viele Details der Songs enthalten. VERVE könnte für „Twelve Nights In Hollywood“ erneut einen Preis für bestes Design bekommen.

Nachtrag: 1961 erschien ein Verve-Album „Ella In Hollywood“ auf dem 12 Songs dieser Konzertreihe zu hören sind.  Nur 6 Titel wiederholen sich auf „Twelve Nights In Hollywood“ aber jeder in einer anderen Version. Insofern ist der Sticker auf der Außenhülle von „Twelve Nights In Hollywood:  “ ALL CUTS PREVIOUSLY UNRELEASED“ absolut richtig.

Verkaufsstatus bei US Amazon- ( 9.Dezember 2009)

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Die JAZZ CD/DVD- und Konzert Rezensionen von Werner Matrisch sind ein besonderes schöne Rubrik. Jazzie traf den Kölner Maler und Künstler Werner Matrisch "Homepage WernerMatrisch" bei einer Vernissage. Wir kamen ins Gespräch und entdeckten, das wir nicht nur eine gemeinsame Leidenschaft, die Malerei haben, sondern auch dem Jazz sehr zugetan sind.