Köln- Was war das ein furioses Fußballspiel des 1.FC Köln in Mainz. Kein Tatort Drehbuch hätte besser geschrieben sein können, wie dieser Bundesliga Spieltag und das Auswärtsspiel in Mainz. Jeder meint nach sieben Minuten er kennt den Täter, doch in der letzten Minute des Films kommt die Erkenntnis und die Überraschung. Kommissar Stöger ließ sich wieder einmal nicht in die Karten blicken. Wir lagen alle daneben. Für mich war es der aufregendste Effzeh Spieltag in der Saison 2016.
Für Fußballexperten war Mainz 05 bereits vor der Partie klarer Sieger. Die Rheinhessen weisen eine formidable Rückrunde aus. Ein Champions League Platz steht den Mainzern aufgrund ihrer Qualität allemal eher zu als Hertha BSC. Die Hertha hat an diesem Spieltag ja auch verdient verloren.
Überhaupt war vor der Partie klar – Köln muss punkten- sonst geht es Richtung Relegationsplatz. Mit eben dieser wahnsinnigen anti Euphorie gingen wohl die meisten Fans in dieses Auswärtsspiel. Unter anderem auch Trainer Peter Stöger, der erst mal mit einer fünfer Kette Beton anrühren wollte.
Die Mainzer nahmen das dankbar an und stürmten mit Mann und Maus auf das Kölner Tor zu. Das laufstärkste Team der Bundesliga rannte dann auch dementsprechend los. Bereits nach sieben Minuten war der zweite Eckstoß fällig. Cordoba war zwar von vier Kölnern umzingelt, kam aber trotzdem frei zum Kopfball, den er dann auch an Timo Horn vorbei, sicher im Kölner Kasten unterbrachte. Shit Happens. 1:0
Was dann kam war so ziemlich die blutleerste erste Halbzeit des Effzeh in dieser Saison. Zwar ballerte Modeste noch einen Fernschuß auf die Mainzer Hütte ab, doch danach wirkten unsere Geißböcke so, als wäre der Verstand mit Verzögerung unterwegs. Kein echtes Aufbäumen. Nur unglaubliches Gewusel mit vielen Ballverlusten in Richtung Mainzer Strafraum. Marcel Risse trieb zwar immer wieder über rechts nach vorne, aber kaum ein Spieler im Mittelfeld oder Angriff bot sich an oder kam zur Hilfe. Hector mit unglücklichen Pässen. So blieb nur die optionale weite und unergiebige Flanke Richtung Strafraum und Modeste. Für die Mainzer Abwehr ein kinderleichte Aufgabe die Bälle abzufangen. Modeste war überhaupt aus dem Spiel genommen. Simon Zoller habe ich bis zur Halbzeit gar nicht wahrgenommen. Gerhardt ist immer wieder in Aktionen mit dem Gegner verstrickt und weil keiner zur Hilfe eilt ist der Ball wieder bei Mainz.
Und die Rheinhessen agieren ungemein stark und schnell. Das Umschaltspiel funktioniert bestens und so kommen Clemens und Malli bis zur Halbzeit zu hochkarätigen Möglichkeiten und wir können nur froh sein, das wir Timo Horn im Kasten haben und Mallis Schuß über die Latte geht.
Zum Pausengeflüster bin ich total niedergeschlagen und nicht allein damit.
Es herrscht kollektives Einverständnis darüber, das beim FC so ziemlich alles schief läuft.
„Bittencourt fehlt…. warum lässt der Stöger denn Jojic nicht spielen…Modeste ist ja total abgemeldet…..der Risse und diese Scheiß Flanken.. die scheißen sich ja in die Hose… ,“ Und.Und. Und. Horror! Bei Twitter sieht es ähnlich aus. Köln Süd und der vierte Offizielle liefern lesenswerte Beschreibungen der Kölner Unfähigkeiten.
Tja. Was mag der Peter Stöger den Jungs in der Halbzeit gesagt haben. Ich weiß es nicht. Doch ich sehe wie Mainz in der (49.) zum Freistoß kommt und Balugan vollkommen frei das 2:0 in die Maschen dröhnt.
Himmel was war das denn jetzt? Totaler Blutzsturz bei einigen in der Runde. Ich hebe mein Kölsch und würge den totalen Frust über die Geissbock Abwehr runter. Das war vermeidbar.
Und Peter Stöger reagiert. Setzt alles auf Angriff. Heintz und Zoller raus. Osako und Jojic rein. Keine Socke weiß was das jetzt noch bringen soll bei 2:0 hinten und gegen diese starken Mainzer.
Jojic und Risse schalten auf Vollangriff! Jetzt oder nie!
Und Milos Jojic wirbelt direkt los. Er setzt sich im Strafraum gegen seinen Gegenspieler durch jagt den Ball aufs Tor. Der geht aber erst mal links am Tor vorbei.Egal bücken.
Und dann ist es Marcel Risse der wieder angestürmt kommt und diesmal keinen Pass schiebt, sondern das Ding aus der zweiten Reihe, von der Strafraumgrenze abzieht. Mit aller Wut. Das Ding fliegt wie an der Schnur gezogen, an Mann und Maus und Karius vorbei in die Maschen. (64.) Es steht 2:1 unfassbar. Doch es kommt noch besser. Auf einmal legt der Effzeh die Angst vor den 05ern ab und nimmt das Messer in die Hand.
Das Spiel wandelt sich in der Folge in eine Kölner Übermacht. Und bereits zehn Minuten nach dem Risse Tor ist es: Milos Jojic.
Der kann den Ball Volley nehmen und in das Netz kloppen. Ja gibt’s denn so was? Nach 15 Minuten ist der Ausgleich hergestellt. 2:2 Hammer.
Die Effzeh Fans auf den Rängen toben und jetzt hört man auch nichts anderes mehr. Das Spiel in der Arena wird zum Heimspiel. Peter Stöger wirft Kevin Vogt in die Schlacht.
Dann schießt Mathias Lehmann einen der üblichen Steilpässe in Richtung Anthony Modeste. Der steht nicht im Abseits. Nein. Der läuft gerade goldrichtig los und kriegt den Ball im vollen Lauf. Und geht ab wie ein Zäpfchen. Und schießt aus vollem Lauf. Und triiiift!(83.) Unfassbar. Toooor! Modeste macht das Ding zum 2:3!
„Kannst du dich bitte wieder ein kriegen?“ einer neben mir. „Nein. Kann ich nicht und will ich nicht! Ich könnte grad den Franzosen knutschen wie ein Elch.“ Es dauert und dauert und die Uhr läuft. Mainz will noch mal. Drei Minuten Verlängerung stehen an. Und dann ist das Spiel aus. Aus! Sieg! Ja! Und was für einer. Ein Sieg der drei Punkte bringt. Ein Sieg der unnötiges Kopfkino beseitigt und Abstiegsgespenster verjagt. Ja! Das gab es bereits Kopfkino. Nicht nur bei mir, sondern auch bei einigen anderen Effzeh Fans.
Liebe Mannschaft ich sende Euch ein herzliches Dankeschön. Ihr habt mir eine tonnen Last von den Schultern genommen. Könntet Ihr Euch das von gestern bitte merken und noch vier mal so auftreten? Mit dieser Moral könntet ihr gegen Darmstadt,Augsburg,Bremen und Dortmund sicher noch mehr bewegen und die Rückrunde bravourös abschließen.
Ihr habt es Euch verdient. Ich war eine Stunde nach dem Sieg bereits in Wolken Kuckucksheim, weil ich wie Hölle für mich, für Euch und für alle gefeiert habe, wie noch nie. Denn dieser Sieg kam vollkommen unerwartet daher. Ein Tag mit einem Ausgang, wie man ihn sich für ein Drehbuch kaum ausdenken kann. So ähnlich wie Kloppo’s Team in dieser Woche mit Liverpool den BVB in der letzten Minute platt gemacht hat. So ein Gefühl war das gestern für mich.
Stimmen nach dem sensationellen Spiel:
1. FSV Mainz 05: Karius – Brosinski, Bell, Balogun, Donati (85. Onisiwo) – Baumgartlinger, Latza (51. Frei) – Clemens (80. De Blasis), Malli, Jairo – Cordoba
1. FC Köln: Horn – Maroh, Mavraj, Heintz (60. Osako) – Risse, Lehmann, Gerhardt (86. Vogt), Hector – Zoller (60. Zoller), Mladenovic – Modeste
Tore: 1:0 Cordoba (9.), 2:0 Balogun, 2:1 Risse (64.), 2:2 Jojic (74.), 2:3 Modeste (83.)
