Köln – Über die Karnevalstage ist offenbar Sand ins Getriebe des Kölner Rennwagens geraten. Nach der Niederlage beim VFB Stuttgart brachte der 1. FC Köln auch gegen den VFL Wolfsburg seine PS nicht vollständig auf den Rasen. Das 0:2 nach 90 Minuten auf der Anzeigetafel in Müngersdorf tat schon weh.
Dabei gab es zum 75. Vereinsjubiläum eine wunderschöne Choreografie der Fans des 1. FC Köln, die von diesen bereits über Monate vorbereitet war. Auf den vier Tribünen waren unterschiedliche Motive dargestellt. Im Osten die Wappen der Vorgängervereine des FC, des Kölner BC 01 und SpVgg Sülz 07, in der Nordkurve das Abbild von Gründungspräsident Franz Kremer. Auf der Westseite die unvergessene Frage: „Wollen Sie mit mir deutscher Meister werden?“, und in der Süd das Kölner Vereinsemblem mit Dom und Geißbock. Das Stadionrund in Müngersdorf war eine Augenweide und die Hühnerhaut wollte gar nicht mehr den Arm verlassen.
Steffen Baumgart trat die Partie mit einer Doppelspitze Tigges und Selke in der Sturmspitze an. Für Nikola Soldo, Benno Schmitz, Eric Martel, Florian Kainz und Denis Huseinbasic rückten Timo Hübers, Kingsley Schindler, Dejan Ljubicic, Mathias Olesen in die Anfangsformation. Ich nehme an, die Mannschaft war auf „über verstärkten Angriff zum Sieg“ gepolt.
Beim ersten Angriff der Gäste landete der Ball bei Omar Marmoush und der passte von links flach zu Gerhardt, der aus zwölf Metern Marvin Schwäbe durch die Beine tunnelte. Der Ball landet zum 0:1 in den Kölner Maschen(4.).Shit Happens!
Der FC nahm sein Spiel auf. Wie üblich erst durch den Rückstand wachgeküsst. Jetzt wurde Ball für Ball erobert, aber leider nicht zwingend verarbeitet. Die Kölner Spielanteile waren hoch, aber bis zum ersten Geißbock Abschluss vergingen gut 35 Minuten. Der dritte Gang ging immer wieder schlecht rein und man hörte das Knirschen aus dem Getriebe. Es kam kein richtiges Tempo zustande, um in den Schnittstellen Gefahr auszulösen, dafür stand die Wolfsburger Abwehr zu solide. Dejan Ljubicic versuchte es aus der zweiten Reihe, doch der Ball wurde sichere Beute von Koen Casteels. Es lief viel über links, wo Maina und Hector immer wieder durchbrachen, aber in der Mitte war meist leerer Raum, weil Selke und Tigges, trotz einiger Ecken, die der FC sich erarbeitete, einfach nie an der richtigen Stelle standen.
Ich dachte mir, dass Steffen Baumgart in der Pause die richtigen Worte finden wird und ein Spiel hat ja 90 Minuten. So richtig zufrieden war ich jedoch nicht.
Immerhin kam der FC nach vier Minuten zur ersten Chance. Ein Abschluss von Davie Selke der wieder in den Armen von Casteels hängen blieb(49.). Timo Hübers mit einem fulminanten Schuss aus 25 m. Wieder wird der Ball Torwartbeute (58.). Dann ist Tigges am Ball. Allein vor Casteels. Schießt jedoch neben das Tor (63.). Jetzt bauten die Geißböcke den Druck auf.
Doch der Ausgleich will irgendwie nicht gelingen. Dafür pfeift der Schiedsrichter Minuten später energisch und zeigt auf den Elf Meter Punkt, als Jonas Hector mit dem Rücken zum Gegner und mit der Hacke, Kilian Fischer im Strafraum von den Beinen holt. Maximilian Arnold verwandelt zum 2:0 für Wolfsburg(68.). Mega Shit Happens!!
Davie Selke scheiterte dann erneut nach Vorarbeit von Tim Lemperle an Casteels (89.). Und willst du das Desaster vollständig beschreiben, dann fehlt noch, dass ein Treffer von Timo Hübers wegen Abseits nicht gegeben wird. Was für ein driss Spieltag denke ich, wende mich ab, köpfe ein Kölsch und mag noch nicht mal die Interviews hören. Stattdessen surfe ich und schaue mir die vielen Videos von der Choreo an. Das ist ja auch etwas, das man in Erinnerung behält und das so schnell nicht wieder kommt.
Keine Punkte. Keine Tore. Ehrlich gesagt finde ich auch keine richtige Erklärung, weil eigentlich alles, was auf dem Rasen lief, gar nicht so schlecht aussah.
Ok Pressing vorne war nicht top und beide Tore waren vermeidbar. Herr Willenborg hat einige Fouls nicht berücksichtigt. Die Kölner Laufleistung war marginal höher. Die Passquote war gut. Einzig keiner der 11 Torschüsse war drin und keine der 8 mehr Ecken wurde sinnvoll ins Ziel gebracht. Doch diese Situationen müssten wir eigentlich locker im Griff haben. Gegen Leipzig und München gelang und das viel besser.
Mir fiel ins Auge, dass der rechte Flügel ohne Benno Schmitz lahmte und dass bei den einfliegenden Flanken keiner im Strafraum zur Stelle ist, geschweige denn ernsthafte Gefahr ausstrahlt. Die Sturmflaute hält an. Das finde ich letztlich in Ordnung, wenn dann hinten der Laden dicht ist. War er gestern aber nicht. Wenn wir berücksichtigen, wer in diesem Spiel fehlte und Kainzi und Benno sind schon Faktoren, dann ist das eben so. Und dann muss Steffen die anderen Jungs beim Eckentraining noch einmal richtig dran nehmen. Das ist leider zu wenig, was wir daraus machen.
Last but not least, warum Baumgart nicht früher gewechselt hat, um mehr Speed in der Mitte zu bekommen, erschließt sich mir nicht. Ich hätte nach 70 Minuten Tigges und Selke nur mit jugendlichen Bankdrückern ersetzt, weil beide einfach kein Tempo in ihre Aktionen bekommen und Dejo auch noch nicht seine 2022er Form hat. Wir brauchen Tempo und Aktion, die der Gegner nicht kennt und nicht einplanen kann. Das ist sicher möglich durch den etwas anderen Impuls von der Bank. Ich meine, wenn ohnehin mit der Brechstange über Stürmer nichts geht, warum nicht. Der Wechsel von Lemperle kam für mich persönlich viel zu spät. Olesen hätte man mit Diehl ersetzen können.Downs für Selke. Na ja. No Risk no fun für den Fan in der Nordkurve. Mein Problem eben. Es sind ja noch 12 Spieltage, um den Klassenerhalt zu sichern.
Die nächste Auswärtstour nach Berlin zu den Eisernen wird sicher auch kein Zuckerschlecken. Obwohl ein Punkt ist ein Punkt. So freue ich mich, wenn es wieder heißt: Come on Effzeh!
Stimmen zum Rasen Event
Steffen Baumgart: „Meine Mannschaft hat viel probiert, hat sich in keiner Phase versteckt. Der erste Schuss der Wolfsburger geht rein, gefühlt der zweite Schuss geht rein. Wir haben es nicht geschafft, uns die Torchancen zu erarbeiten, wie wir uns das erhofft haben. Das war auf Schalke so, das war in Stuttgart so, und es ist meine Aufgabe, das wieder zu verbessern. Die Jungs haben trotzdem alles gegen eine starke Wolfsburger Mannschaft gegeben. Es war eine sehr schöne Choreo. Ich freue mich, dass hier viel zusammenwächst.“
Dejan Ljubicic: „Ich glaube, wir haben alles investiert. Es hat zu oft der letzte Pass gefehlt, dass wir gefährlicher werden.“
Linton Maina: „Wir haben uns die Chancen nicht so erarbeitet, wie wir uns das vorgestellt haben. Trotzdem haben wir Dampf gemacht und hätten ein Tor verdient gehabt.“
Timo Hübers: „So recht schlau werde ich aus dem Spiel nicht. Die Wolfsburger standen gut, aber wir hatten auch ein, zwei dicke Torchancen und haben auf der anderen Seite außer den zwei Gegentoren auch nicht viel zugelassen. Wenn man die Leistung trotz der Niederlage von den Fans honoriert bekommt, ist das ein schönes Gefühl.“
Marvin Schwäbe: „Das 0:1 sieht sehr unglücklich aus. Ich habe den Ball sehr spät gesehen – dass er dann direkt neben mir einschlägt, ist sehr ärgerlich. Wir müssen jetzt weiter hart arbeiten und schauen, dass wir wieder die Ergebnisse und Punkte einfahren, die wir uns vorstellen.“
So standen die Teams in Müngersdorf auf dem Rasen
1. FC Köln: Schwäbe – Schindler, Hübers, Chabot, Hector (K) – Skhiri – Ljubicic, Olesen (73. Adamyan), Maina (84. Diehl) – Selke, Tigges (78. Lemperle)
VfL Wolfsburg: Casteels – Fischer, Lacroix, van de Ven, Paulo Otavio – Arnold – Svanberg (80. F. Nmecha), Gerhardt – R. Baku (63. Kaminski), Wimmer (88. Wind) – Marmoush (88. Paredes)
Tore: 0:1 Gerhardt (4.), 0:2 Arnold (68.)